Frauenförderung in der Oesterreichischen Nationalbank: Planen, Stärken, Herausforderungen anpacken
In vielen Teilen der Welt herrscht ein politisches Klima, das für die Geschlechtergleichstellung einen „Backlash“ bedeutet. Diese Entwicklung ist nicht auf das omnipräsente Amerika des Donald Trump beschränkt, „contagion effects“ sind auch in Asien und Europa zu beobachten.
Das besagt der aktuelle „Gender Balance Index“ (GBI) des OMFIF (Official Monetary and Financial Institutions Forum), der führende Bericht zur Situation der Geschlechtergleichstellung in der globalen Finanzwelt. Den Schlussfolgerungen des GBI zum politischen Klima folgend, tut sich derzeit eine Weggabelung auf. Entweder man folgt dem Backlash oder stellt sich bewusst dagegen und geht den Weg, Gleichstellungsbemühungen noch zusätzliche Relevanz einzuräumen.
Für die OeNB ist ganz klar: Als öffentliche Institution und Vorbild im Finanzsektor trägt sie eine besondere Verantwortung. Sie handelt im Auftrag aller Menschen einer Gesellschaft. Daher ist es essenziell, Vielfalt anzuerkennen und auch aktiv widerzuspiegeln. Diversität in öffentlichen Einrichtungen bedeutet, unterschiedliche Perspektiven, Lebensrealitäten und Erfahrungen einzubeziehen. Die OeNB setzt ein starkes Zeichen für Gleichberechtigung und stärkt damit das Vertrauen aller Bürger:innen und wird weiterhin einen bewusst proaktiven Weg zu mehr Gleichstellung verfolgen.
Der Blick auf die Zahlen zeigt jedoch, dass auch Notenbanken Aufholbedarf haben. Zwar hat die Anzahl der Gouverneurinnen einen neuen Höchststand erreicht, 30 Frauen stehen weltweit an der Spitze einer Zentralbank (von insgesamt 185). Der Anstieg ist jedoch nicht so deutlich, wie es wünschenswert wäre. Gleichstellungsfortschritte bleiben also eher punktuell als strukturell.
Von 25 Notenbanken des Eurosystems haben 20 derzeit männliche Gouverneure. Mit Christine Lagarde ist die Leitung der EZB weiblich besetzt, dazu kommen noch vier Vize-Gouverneurinnen im Euroraum (Deutsche Bundesbank, Banco de España, Central Bank of Ireland und neuerdings auch die Oesterreichische Nationalbank).
Seit Dezember 2024 ist Vize-Gouverneurin Edeltraud Stiftinger im Amt und ist damit das erste weibliche Mitglied im Direktorium der OeNB seit 2003 (von 1998-2003 war Gertrude Tumpel-Gugerell die erste Vize-Gouverneurin der OeNB). Die Ernennung von Vize-Gouverneurin Stiftinger hat für die OeNB auch einen Sprung nach vorne im GBI bedeutet. Von Platz 78 im Jahr 2024 kletterte die österreichische Notenbank somit auf Rang 63. Diese Ernennung war ein wichtiger Schritt auf einem Weg, der nun konsequent weiterverfolgt werden soll.
Um sich dieses Themas anzunehmen, ist seit 2016 bereits der zweite Frauenförderungsplan (FFP) der OeNB in Kraft, der auf dem Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GlBG) basiert. Das vierköpfige Team der OeNB-Gleichbehandlungsbeauftragten konnte bereits eine Vielzahl an Maßnahmen zur Frauenförderung erfolgreich umsetzen und arbeitet unermüdlich daran, diesen Fortschritt zukünftig weiter auszubauen.
Bei der Erreichung des im Frauenförderungsplan festgelegten Zielwert zum Frauenanteil steht die OeNB derzeit noch vor leichten Herausforderungen. Seit 2015 befindet er sich auf gleichbleibend hohem Niveau von 39 Prozent, bis 2027 soll er auf 45 Prozent ansteigen.
Der Frauenförderungsplan der OeNB hat sich abgestufte Zwischenziele gesetzt, um den Besonderheiten der OeNB Rechnung zu tragen. Es wird besonderes Augenmerk auf die Nachhaltigkeit der angestrebten Veränderungen gelegt. Dass sich dies mitunter auf die Geschwindigkeit der Zielerreichung auswirkt, wird daher bewusst in Kauf genommen.
Unter den Führungskräften der OeNB liegt der Frauenanteil bei ca. 29 Prozent. Dieser Wert ist um vier Prozentpunkte niedriger als der im Frauenförderungsplan festgelegte Zielwert von 33 Prozent. Auffallend ist, dass sich viele Frauen erst gar nicht für eine Führungsfunktion bewerben. Um die Ursachen für die geringe Anzahl an Bewerbungen zu hinterfragen, hat die OeNB eine Umfrage unter allen Mitarbeiter:innen gestartet. Erste Ergebnisse zeigen, dass sich Frauen oft nicht ermutigt oder nicht ausreichend vernetzt fühlen, um eine Führungskarriere anzustreben. Darüber hinaus wird die Vereinbarkeit von Beruf und Familie von Frauen überproportional stärker als Hindernis wahrgenommen als von Männern. Diesen Ursachen soll im ersten Halbjahr 2025 durch eine externe Studie auf den Grund gegangen werden, sowie konkrete Maßnahmen zur Beseitigung von möglichen Hindernissen ausgearbeitet werden.
Neben der Führungskarriere bietet die OeNB für ihre Mitarbeiter:innen einen zweiten Pfad an, um aufsteigen zu können. Die Fachkarriere stellt eine Alternative für all jene Mitarbeiter:innen dar, die mit ihrer jeweiligen Fachexpertise maßgeblich zum Erfolg der OeNB beitragen und zusätzliche Verantwortung übernehmen, eine Führungskarriere aber nicht anstreben. Ausgestaltet mit acht Aufstiegsstufen und gekoppelt an eine Gehaltszulage können sich die Mitarbeiter:innen im Rahmen der Fachkarriere weiterentwickeln.
Frauenförderungsplan und Fachkarriere
Für die Fachkarriere legt der Frauenförderungsplan einen Zielwert von 45 Prozent Frauenanteil fest. Wenngleich zwischen 2015 und 2023 kein Anstieg zu verzeichnen war, konnte man durch gezielte und verstärkte Anstrengungen eine Entwicklung anstoßen, wodurch es aktuell einen klaren Aufwärtstrend zu verzeichnen gibt: einen Anstieg von Frauen in der Fachkarriere auf 39 Prozent für 2024 und 41 Prozent im Jahr 2025. Spezielle Förderung von Frauen in der Fachkarriere hat wesentlich zu dieser Entwicklung beigetragen. Das zeigt, wie wichtig gezielte Maßnahmen für die Erreichung selbst gesetzter Ziele sind.
Dieses Erfolgsbeispiel ist einer der Gründe, warum die konsequente Weiterführung der Maßnahmen aus dem Frauenförderungsplan entscheidend ist. Oberstes Ziel muss bleiben, Frauen gezielt aufzubauen und auf eine Fach– und Führungskarriere vorzubereiten. Neben Mentoring/Shadowing-Programmen und Schulungen ist auch ein gezieltes Ansprechen und Fördern durch die Führungskräfte notwendig („Tone from the Top“).
Dazu sollen Frauen frühzeitig zur Übernahme verantwortungsvoller Rollen (z.B. Leitung von Arbeitsgruppen, Projektleitungen) motiviert werden. Ergänzend ist die Etablierung von Role Models und das Setzen von Awareness-Kampagnen sinnvoll. Darüber hinaus ist eine solide Datenbasis essenziell, um gezielte und treffsichere Maßnahmen zu setzen. Dies beinhaltet die laufende Auswertung von Kennzahlen, eine Evaluierung des Erfolgs der durchgeführten Maßnahmen, sowie aktuell die bereits erwähnte Forschung über die Motive und die Hindernisse von Mitarbeiterinnen, sich für eine Führungskarriere in der OeNB zu bewerben und ihre Erfahrungen damit.
Es braucht ein starkes Netzwerk an erfahrenen Frauen mit Fachexpertise, die durch gezielte Förderung und Unterstützung auf künftige Positionen vorbereitet und zur Führungskarriere motiviert werden.
Nur wenn Frauen „a seat at the table“ bekommen, und diesen auch nutzen (können), stehen sie in den vorderen Reihen, wenn es um Aufstieg und Führungspositionen geht.
(c) Fotos: OeNB / Lukas Pelz