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Digitale Assets: Einstiegschancen und Geschäftsmodelle für Banken

Von Bitcoin zu digitalen Assets

Mit Bitcoin begann im Jahr 2009 die Idee, Werte dezentral, fälschungssicher und transparent auf einer Blockchain abzubilden. Was ursprünglich als digitales Zahlungsmittel gedacht war, hat sich seither zu einem umfassenden Konzept weiterentwickelt: der Abbildung von Vermögenswerten und Rechten auf Blockchain-basierten Systemen – den sogenannten digitalen Assets.

Diese lassen sich als „Finanzapplikationen“ verstehen – von einfachen Kryptowährungen bis hin zu komplexeren Instrumenten wie Kryptowertpapieren – die Werte und Daten verarbeiten. Sie sind globalverfügbar, interoperabel, programmierbar und operieren auf gemeinsamen, verteilten Infrastrukturen – den Blockchain-Netzwerken.

Neben der bestehenden Infrastruktur für Emission, Handel und Abwicklung klassischer Finanzinstrumente entwickelt sich derzeit ein eigenständiges Ökosystem für digitale Assets. Mit dieser Entwicklung geht eine Neuzuteilung traditioneller Rollen innerhalb der Finanzbranche einher.

Abbildung 1 veranschaulicht, wie digitale Assets, standardisierte Schnittstellen und gemeinsame Geschäftslogik über eine Blockchain-Infrastruktur miteinanderverbunden sind. So entsteht eine einheitliche, global verfügbare Plattform, auf der unterschiedlichste Use Cases und Finanzservices – direkt oder über Drittanbieter – bereitgestellt werden können.

Trotz des dezentralen Charakters von digitalen Assets und der auf Blockchain-Technologie basierenden Services – einer Technologie, die ursprünglich mit dem Ziel angetreten ist, Banken überflüssig zu machen – wird es auch künftig regulierte, vertrauenswürdige Drittparteienbrauchen. Diese übernehmen eine zentrale Rolle: Sie schaffen Sicherheit, sorgen für rechtliche Konformität und bieten benutzerfreundliche Zugänge zur neuen Welt der digitalen Assets.

Abbildung1: Blockchain-Infrastrukturen integrieren digitale Assets und Geschäftslogik auf einer global zugänglichen Plattform – und schaffen die Grundlage für Interoperabilität, Automatisierung und Standardisierung. Nutzer können über Schnittstellen direkt oder über Drittanbieter wie Banken auf digitale Asset Services zugreifen.

Für Banken entstehen daraus vielfältige neue Geschäftsmöglichkeiten. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette von digitalen Assets – von der Emission über den Handel bis hin zur Verwahrung und Abwicklung– eröffnen sich innovative Services, neue Geschäftsmodelle und zusätzliche Ertragspotenziale. Eine tiefgehende Auseinandersetzung mit dem Thema digitaler Assets ist für viele Banken daher unverzichtbar. In der Praxis mündet dies häufig in der Entwicklung einer bankweiten Digital-Asset-Strategie sowie in der Umsetzung erster konkreter Angebote entlang der neuen Wertschöpfungskette.

Ein Ökosystem vielfältiger Möglichkeiten

Ein wesentlicher Aspekt – und gleichzeitig ein Game-Changer – von digitalen Assets ist ihre globale Verfügbarkeit, Interoperabilität und Programmierbarkeit. Diese Eigenschaften ermöglichen ihren Einsatz in unterschiedlichsten Anwendungsbereichen, die weit über das hinausgehen, was klassische Finanzinstrumente leisten können.

Abbildung2: Kryptowährungen können in vielfältigen Kontexten eingesetzt werden – von klassischen Finanzdienstleistungen bis hin zu innovativen, dezentralen Anwendungen. Das Spektrum reicht von Handel und Verwahrung über den Erwerb oder Verkauf digitaler Kunstobjekte und virtueller Grundstücke bis hin zur Teilnahme an dezentralen Finanzprotokollen (DeFi). Darüber hinaus ermöglichen Staking-Protokolle die Generierung zusätzlicher Erträge, indem Nutzer aktiv zur Sicherung von Blockchain-Netzwerken beitragen.

Abbildung 2 veranschaulicht, wie digitale Assets – exemplarisch anhand der Kryptowährung Ethereum – in unterschiedlichen Kontexten genutzt werden können.

Kryptowährungen benötigen auf der einen Seite bekannte Finanzdienstleistungen wie den Handel über Börsenplattformen sowie die sichere Verwahrung. Bereits letztere unterscheidet sich jedoch deutlich von der klassischen Verwahrung: Nutzer können entweder auf einen regulierten Kryptoverwahrer zurückgreifen oder ihre digitalen Assets eigenständig über eine sogenannte Wallet-Software verwalten – eine digitale Geldbörse, die sicheren Zugriff und Verwahrung ermöglicht.

Kryptowährungen können verwendet werden, um auf digitalen Marktplätzen wie OpenSea digitale Kunstwerke, wie etwa Bilder, Musik, oder Videos zu erwerben. Internationale Aufmerksamkeit erlangte dieser Anwendungsfall 2021 mit dem Werk „Everydays: The First 5000 Days“ des US-Künstlers Beeple (Mike Winkelmann), dass bei Christie’s für umgerechnet 69 Millionen US-Dollar in Kryptowährung versteigert wurde.

Auch im entstehenden Metaverse spielen digitale Assets eine zentrale Rolle. Nutzer können beispielsweise auf Plattformen wie Decentraland, einer Blockchain-basierten virtuellen Welt, digitale Grundstücke erwerben, gestalten und handeln. Diese Grundstücke werden als tokenisierte „Eigentumsrechte“ auf einer Blockchain gespeichert – was sie handelbar, übertragbar und interoperabel zwischen virtuellen Welten des Metaverses macht.

Dank standardisierter Schnittstellen lassen sich digitale Assets nahtlos in sogenannte DeFi-Applikationen (Decentralized Finance) integrieren. Ein Beispiel: Auf dezentralen Börsen wie Uniswap können Nutzer Kryptowährungen gegen andere digitale Assets tauschen – ohne zentrale Gegenpartei oder Intermediär. Smart Contracts, also Programme auf der Blockchain, übernehmen dabei automatisiert die Funktionen von Börse, Clearingstelle und Settlement.

Darüber hinaus bieten Kryptowährungen neue Formen der Ertragsgenerierung, etwa durch Staking. Dabei setzen Nutzer ihre Kryptowährungen temporär ein, um ein Proof-of-Stake-Blockchain-Netzwerk wie Ethereum zu sichern. Teilnehmende – sogenannte Validatoren – hinterlegen dabei einen Einsatz („Stake“), um Transaktionen zu validieren. Verstoßen sie gegen die Regeln, kann ihr Einsatz teilweise verfallen („Slashing“). Verhält sich ein Validator korrekt, wird er mit zusätzlichen Coins belohnt.

Marktdynamik und Regulierung

Viele etablierte Institute – insbesondere Banken und Börsen – sowie eine wachsende Zahl neuer Marktteilnehmer haben das disruptive Potenzial digitaler Assets frühzeitig erkannt. Sie investieren gezielt in den Aufbau entsprechender Infrastrukturen und bringen bereits marktfähige Produkte und Dienstleistungen rund um diese neue Assetklasse an den Start. Ein zentraler Einstiegspunkt für viele Marktakteure war die Verwahrung von Kryptowährungen. Finanzinstitute wie die Börse Stuttgart, Commerzbank, DekaBank oder DZ Bank haben hierfür bereits erste Lösungen umgesetzt – sowohl für den Retail- als auch den institutionellen Bereich – oder befinden sich aktuell in der Implementierung. Darauf aufbauend folgte oft der nächste Schritt: der Aufbau von Handelsangeboten – sei es im Eigenhandel oder im Finanzkommissionsgeschäft. Auch Blockchain-basierte Zusatzservices gewinnen an Bedeutung. So bietet etwa die Börse Stuttgart über ihre Bison-App bereits eine integrierte Lösung für das Staking von Kryptowährungen an.

Ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung ist der regulatorische Fortschritt, der es Finanzinstituten ermöglicht, Dienstleistungen rund um digitale Assets in einem klar definierten und planungssicheren Rahmen zu entwickeln.

Auf europäischer Ebene bildet die MiCAR (Markets in Crypto-Assets Regulation) den zentralen Rechtsrahmen für Krypto-Assets wie Stablecoins, Kryptowährungen und Utility Tokens.

Für Kryptowertpapiere gelten nationale Regelungen wie das deutsche elektronische Wertpapiergesetz (eWpG) sowie das österreichische Zivilrechts-Modernisierungsgesetz für digitale Wertpapiere (ZivMediag).

Ergänzend schafft das europäische DLT-Pilotregime eine regulatorischen „Sandbox“ zur Erprobung neuer Marktinfrastrukturen auf Basis der Distributed-Ledger-Technologie (wie etwa Blockchain-Netzwerke), ins besondere für den Handel und die Abwicklung tokenisierter Finanzinstrumente.

Einstiegsmöglichkeiten für Banken

Vor diesem Hintergrund rückt die Frage in den Fokus, welche konkreten Geschäftsmodelle Banken im Bereich digitaler Assets umsetzen können. Im Folgenden werden zwei grundlegende Bausteine einer Digital-Asset-Roadmap näher betrachtet: die Verwahrung und der Handel digitaler Assets. Beide bilden typische Einstiegsszenarien für Banken, die sich strategisch in diesem Marktsegment positionieren möchten.

Verwahrung

Ein zentraler Aspekt der Infrastrukturdigitaler Assets ist die sichere Verwahrung der privaten kryptografischen Schlüssel. Diese privaten Schlüssel dienen als Zugang zu den digitalen Assets und ermöglichen es, Transaktionen durch digitale Signierung auszulösen – etwa zur Übertragung von Ether oder Bitcoin.

Ein Verlust oder Diebstahl der privaten Schlüssel kann zum vollständigen, irreversiblen Verlust der digitalen Assets führen. Eine Ausnahme bilden u.a. Kryptowertpapiere, die in einem Kryptowertpapierregister geführt werden: Hier kann der Zugriff durch den Registerführer wiederhergestellt werden.

Für die Umsetzung einer Verwahrlösung sind zwei zentrale Aspekte erforderlich: Definition der notwendigen Geschäftsprozesse und eine geeignete technische Lösungsarchitektur.

Geschäftsprozesse

Ein zentrales Gestaltungsmerkmal bei der Konzeption von Verwahrlösungen ist die Art und Funktionalität der zu verwahrenden digitalen Assets. Im einfacheren Fall – etwa bei Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether – liegt der Fokus auf grundlegenden Verwahrfunktionen:

  • Sichere Aufbewahrung und Verwendung der kryptografischen Schlüssel
  • Ein- und Auslieferungen inklusive Einhaltung relevanter Compliance-Vorgaben
  • Bestandsführung
  • Reporting gegenüber Kunden und Aufsichtsbehörden

Mit zunehmender Funktionalität – etwa bei Kryptowertpapieren – steigen auch die Anforderungen an den Verwahrer. In diesen Fällen rücken klassische Asset-Servicing-Leistungen in den Vordergrund, wie sie aus dem traditionellen Wertpapiergeschäft bekannt sind.

Darüber hinaus gewinnen Anwendungsfelder an Bedeutung, die über die klassische Verwahrung hinausgehen, aber dennoch ein sicheres Verwahrmodell von kryptographischen Schlüsseln erfordern. Dazu zählen beispielsweise die Nutzung digitaler Assets in DeFi-Protokollen oder die Ertragsgenerierung durch Staking.

Zusammengefasst ergeben sich – neben den grundlegenden Kernfunktionen – insbesondere in weiterführenden Ausbaustufen folgende zusätzliche Verwahrfunktionen:

  • Asset Servicing für Kryptowertpapiere und andere komplexe digitale Assets
  • Web3- und Blockchain-Services, z. B. Zugang zu DeFi-Anwendungen und Staking
  • Kundenspezifische Zusatzleistungen

Die Verwahrung digitaler Assets ist mehr als nur die Sicherung privater Schlüssel – sie ist die technische und prozessuale Basis für nahezu alle weiteren Digital-Asset-Services. Sie gilt bislang nicht als Commodity, sondern entwickelt sich zum strategischen Differenzierungsfaktor, da sie die direkte Anbindung an die Blockchain ermöglicht – und damit die Grundlage für zukünftige digitale Geschäftsmodelle schafft.

Lösungsarchitektur

Abbildung 3 zeigt die grundlegenden Komponenten einer möglichen Architektur:

(1) Endnutzer interagieren typischerweise aber eine Web-Applikation mit der Verwahrlösung, während institutionelle Nutzer– wie Asset Manager oder Börsenplätze – die Services über standardisierte Schnittstellen in ihre Systemlandschaften integrieren.

(2) Die Verwahrgeschäftslogik bildet die relevanten Geschäftsprozesse ab oder orchestriert diese und integriert die Lösung in die Banksystem und -prozesse.

Abbildung3: Mögliche High-Level Architektur einer Verwahrlösung.

(3) Wie bereits erwähnt, bedeutet der Zugriff auf den privaten Schlüssel die vollständige Kontrolle über die zugehörigen digitalen Assets. Entsprechend kommt der Vault-Komponente, also der sicheren Speicherung und Verwaltung dieser Schlüssel, eine zentrale sicherheitsrelevante Rolle zu – auf die im Folgenden näher eingegangen wird.

Private kryptografische Schlüssel müssen auch während des Signaturprozesses zuverlässig vor externen Angriffen und internem Missbrauch geschützt sein.

Zu keinem Zeitpunkt dürfen sie in unsicheren Hardwarekomponenten gespeichert werden – selbst ein kurzzeitiges Laden in den Arbeitsspeicher eines ungeschützten Servers kann einem Angreifer die Extraktion des Schlüssels und damit den Diebstahl der zugehörigen digitalen Assets ermöglichen.

Für die Signierung von Transaktionen kommen in der Praxis vor allem zwei Sicherheitstechnologien zum Einsatz, die in der Regel mit einer hardwarebasierten Policy-Engine kombiniert werden:

Sicherheitstechnologie

1. Hardware Security Module (HSM)

Beschreibung

Ein HSM speichert den privaten Schlüssel hardwarebasiert und schützt ihn zuverlässig vor physischen und softwareseitigen Angriffen. Schlüsselgenerierung und Signatur erfolgen vollständig in der Hardware.

2. Secure Multi-Party Computation (MPC)

Beschreibung

Der private Schlüssel liegt nur als verteilte „Shares“ vor und wird weder bei der Generierung noch bei der Signatur rekonstruiert. Die Signatur entsteht über ein verteiltes Protokoll – die Schlüsselanteile werden in der Regel nach jeder Signatur erneuert, was die Sicherheit erhöht.

Grundsätzlich ist es möglich, die Infrastruktur für die Signierung physisch und logisch über ein Air-Gap von der internetfähigen Infrastruktur zu trennen. Die Herausforderung liegt in der sicheren Übertragung der Transaktionsdaten für die Signierung über das Air-Gap – hier reicht die Bandbreite von manuellen Übertragungsprozessen bis hin zu optischer oder akustischer Verfahren.

(4) Ein zentrales Sicherheitsziel besteht darin, den Freigabeprozess – etwa bei der Auslieferung digitaler Assets – direkt mit der Signierung zu verknüpfen. Das bedeutet: Eine Transaktion darf nur signiert werden, wenn sie zuvor autorisiert wurde. In der Praxis wird dies häufig durch eine Multi-Signature-Autorisierung umgesetzt. Dabei erzeugt jede beteiligte Rolle mithilfe eines zugeordneten Freigabeschlüssels eine Teilfreigabe. Erst wenn gemäß den Regeln eines definierten Freigabeprozesses genügend gültige Teilfreigaben vorliegen, wird die finale Signatur mithilfe des privaten Schlüssels – gespeichert in einem HSM oder verteilt über ein MPC-System – erzeugt. Ein Freigabeprozess besteht typischerweise aus zwei Komponenten:

  • Automatisierte Freigabe, die nur erfolgt, wenn die Transaktion zuvor erfolgreich gegen definierte Regeln geprüft wurde. Z. B. AML-/CTF-Vorgaben, Sanktionslisten oder interne Richtlinien
  • Manuelle Freigabe durch ein Quorum, bei dem mehrere autorisierte Personen die Transaktion aktiv freigeben müssen

Je größer das Quorum, desto höher die Sicherheit – da ein Angreifer mehrere Beteiligte gleichzeitig kompromittieren müsste, um die Kontrolle über die Freigabe zu erlangen.

Kernherausforderungen

Der sichere Umgang mit privaten Schlüsseln stellt eine der Kernaufgaben in der Kryptoverwahrung dar. Am sichersten wäre es, den Schlüssel nie zu verwenden – doch jede Nutzung birgt potenzielle Gefahren. Typische Risiken sind:

  • Verlust der privaten Schlüssel und damit der Zugriff auf die Assets
  • Cyberangriffe, die Systeme vorübergehend außer Betrieb setzen oder kompromittieren
  • Physische Angriffe auf die Hardware zur Extraktion von privaten Schlüsseln oder Mitarbeiter zur Herausgabe von Freigabeschlüsseln
  • Insider-Bedrohungen, z. B. durch kompromittierte Administratoren, die Zugriff auf kritische Systemkomponenten haben

Das Management solcher Risiken ist komplex und unabdingbar für eine Verwahrlösung. Es umfasst unter anderem:

  • Redundante, sichere Schlüsselreplikation
  • Rollen- und Zugriffstrennung zur Minimierung interner Risiken
  • Physische Sicherheitsmaßnahmen, z. B. biometrischer Zugang
  • Sichere Kommunikation zwischen Systemkomponenten, inklusive digitaler Signaturen
  • Gezielte Offline-Isolation kritischer Systeme (Air-Gap)

Handel

Verwahrung ohne einen Zugang zu digitalen Assets bleibt unvollständig. Ein Angebot für den Handel digitaler Assets – insbesondere von Kryptowährungen – ist daher ein zentraler Bestandteil eines ganzheitlichen Serviceangebots. Erst durch die Kombination aus Verwahrung und Handel entsteht insbesondere für Retail-Kunden ein nahtloser Zugang zur Welt der digitalen Assets.

Der Handel mit Kryptowertpapieren ist derzeit nur im OTC-Geschäft oder im Rahmen des DLT-Pilotregimes möglich und wird in diesem Kontext nicht weiter vertieft.

Geschäftsmodelle

Für Banken, die ihren Kunden Zugang zum Handel mit Kryptowerten ermöglichen möchten, eröffnen sich grundsätzlich zwei zentrale Geschäftsmodelle: das Finanzkommissionsgeschäft und der Eigenhandel. Beide Modelle bieten unterschiedliche Anforderungen, Chancen und Gestaltungsspielräume – auch in Bezug auf Margen, Marktzugang und regulatorische Implikationen.

Finanzkommissionsgeschäft: In diesem Modell agiert die Bank als Finanzkommissionärin, indem sie die Kundenorder an einen angebundenen Handelsplatz weiterleitet und den Handel im Auftrag des Kunden abwickelt.

Der Kunde erhält dabei einen indikativen Preis für die gewünschte Kryptowährung; die Order wird – zuzüglich einer Service-oder Handelsgebühr – entsprechend ausgeführt. Dieses Modell eignet sich besonders für den Einstieg in den Kryptohandel, da es mit geringem bilanziellen Risiko und überschaubarem operativem Aufwand verbunden ist.

Eigenhandel: Beim Eigenhandel tritt die Bank selbst als Gegenpartei zum Kunden auf. Sie bedient die Kundenorder aus ihrem Eigenbestand oder platziert entsprechende Orders am Handelsplatz, um Positionen aufzubauen oder zu schließen. Innerhalb dieses Modells lassen sich zwei Varianten unterscheiden:

  • Leerverkauf: Hier hält die Bank keine Eigenbestände, nimmt aber eine Kundenorder an und platziert sofort eine entsprechende Order am Handelsplatz. Der Kunde erhält einen festen Preis inklusive eines Spreads. Dieses Modell schlägt eine Brücke zwischen Kommissionsgeschäft und vollem Eigenhandel.
  • Internalisierung von Orders: In dieser Ausprägung nutzt die Bank ihren Eigenbestand aktiv, um Kundenorders direkt zu bedienen. Sie stellt dem Kunden einen Preis, der für eine gewisse Zeit gültig bleibt, und managt den Bestand selbstständig. Dies ermöglicht die Nutzung eigener Liquidität, höhere Margen und ein differenziertes Preisangebot –erfordert aber ein effektives Risikomanagement.

Lösungsarchitektur

Abbildung 4 zeigt die zentralen Komponenten einer möglichen Systemarchitektur für den Handel mit Kryptowährungen.

Abbildung4: Mögliche Lösungsarchitektur für den Handel mit Kryptowährungen

(1) Die Bank kann entweder als Finanzkommissionärin oder Eigenhändlerin agieren. Dabei kann sie – sofern vorhanden – auf bestehende Handelssysteme innerhalb ihrer IT-Landschaft zurückgreifen. Für den Zugang zum Kryptomarkt ist eine technische Anbindung an Kryptohandelsplätze erforderlich. Diese bieten heute etablierte Schnittstellenstandards, wie z. B. FIX-Protokolle, an.

(2) Die Kundenorder kann an verschiedene Handelsplätze wie Kryptobörsen, Broker oder OTC-Plattformen weitergeleitet werden. Die Art der Anbindung und Abwicklung – etwa über Stablecoins oder Loro-Konten – variiert je nach Handelsplatz. ECN-Broker (Electronic Communication Networks) ermöglichen einen aggregierten Zugriff auf mehrere Liquiditätsanbieter und somit eine flexible Orderausführung.

(3) Die Verwahrung der gekauften Kryptowährungen erfolgt in der Regel beim Kryptoverwahrer des jeweiligen Handelsplatzes. Hier ist eine Integration mit dem Kryptoverwahrer der Banker forderlich.

(4) Die Bank muss die Ein- und Auslieferung der Kryptowerte mit der Zahlungsabwicklung verknüpfen. Zusätzlich ist ein sicherer Austausch der Wallet-Adressenzwischen den Verwahrern essenziell, da operative Fehler hier zu irreversiblen Verlusten führen können. Die Kundendepots und Eigenbestände werden vom Kryptoverwahrer der Bank sicher verwahrt. Die Die Kryptowährungsbestände der Kunden und Eigenbestände werden sicher durch den Kryptoverwahrerder Bank verwahrt. Prozesse wie Bestandsführung, Abwicklung und die Verwaltung der Verrechnungskonten können in der Regel über bestehende Bankensysteme abgebildet werden.

Kernherausforderungen

Eine der zentralen Herausforderungen im Kryptohandel ist die permanente Verfügbarkeit des Marktes. Während traditionelle Börsen wie Xetra oder Eurex nur zu festen Handelszeiten geöffnet sind, operieren Kryptobörsen rund um die Uhr – sieben Tage die Woche. Diese 24/7-Verfügbarkeit ist der Marktstandard. Dementsprechend erwarten Kundinnen und Kunden, dass sie jederzeit Kryptowährungen kaufen oder verkaufen können. Für Banken, die im Krypto-Umfeld wettbewerbsfähig bleiben wollen, ist es unerlässlich, die relevanten Handels- und ggf. Abwicklungssysteme und -prozesse auf durchgehende Verfügbarkeit auszurichten. Herausforderung sind:

  • Handelssysteme vieler Banken sind nicht für den durchgängigen Betrieb ausgelegt.
  • Bestehende IT-Infrastrukturen sind oft an Batch-Prozesse gekoppelt, die eine kontinuierliche Verarbeitung behindern
  • Ein durchgehender Betrieb erfordert 24/7-Bereitschaft im IT-Betrieb, idealerweise durch automatisierte Systeme oder Notfallprozesse.
  • Auch Risikomanagement, Personalplanung, Compliance und Kundenservice müssen auf einen permanenten Handelsbetrieb ausgerichtet werden

Möglich Lösungsansätze diesen Herausforderungen zu begegnen sind:

  • Automatisierter Handel außerhalb der Geschäftszeiten mit Eskalationsmanagement und definierten Bereitschaftszeiten
  • Aufbau einer 24/7-fähigen Orderstrecke, z. B. mit einem Krypto-Order- und Execution-Management-System auf Basis besicherter Kreditlinien

FAZIT

Digitale Assets sind längst kein Nischenthema mehr – sie entwickeln sich zunehmend zu einem integralen Bestandteil moderner Finanzmärkte. Für Banken und Finanzdienstleister eröffnen sich damit echte Chancen, sich als vertrauenswürdige Intermediäre in einem entstehenden digitalen Ökosystem zu etablieren.

Was mit Bitcoin als dezentrales Zahlungsmittel begann, hat sich zu einer vielseitigen Infrastruktur für digitale Assets entwickelt– global verfügbar, interoperabel und programmierbar. Für Finanzinstitute eröffnen sich dadurch neue Ertragsquellen entlang der gesamten Wertschöpfungskette: von der Verwahrung über den Handel bis hin zu innovativen Web3-Services wie Staking oder DeFi-Zugängen.

Erste Finanzinstitute haben bereits marktfähige Lösungen umgesetzt – gestützt durch zunehmende regulatorische Klarheit, etwa durch MiCAR, das eWpG oder das europäische DLT-Pilotregime.

Die Kombination aus Verwahrung und Handel von Kryptowährungen ist ein sinnvoller erster Schritt – und schafft die Grundlage für künftige Erweiterungen auf komplexere digitale Assets wie Kryptowertpapiere.

Wer heute gezielt investiert und konkrete Use Cases realisiert, kann sich frühzeitig als relevanter Akteur im digitalen Finanzmarkt von morgen positionieren.


Sascha Bach
, Digital Assets Expert, DekaBank, Christian Finke, Senior Manager, d-fine und Marcus Hennig, Principal Blockchain & Digital Asset Unit, d-fine werden beim Banking Summit in einem DeepDive erläutern wie Emission, Verwahrung, Handel von digitalen Assets gelingt und wie Finanzinstitute dieses Potenzial erschließen können.

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