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Renewables meet Industry Exchange

Energiewende & Industrie – liegt die Zukunft in der dezentralen Versorgung?

Von Georg Gutfleisch, CMS: Schwankende und doch kontinuierlich hohe Strompreise belasten Industriebetriebe, insbesondere jene in der herstellenden und verarbeitenden Industrie. Auch die instabile und von Unsicherheit geprägte geopolitische Lage lassen für Industrieunternehmen auf dem Strommarkt zumindest in der nahen und mittleren Zukunft keine günstige Versorgung erwarten.

Daher kann es sich für Betriebe durchaus lohnen, den Blick „über den Tellerrand“ zu werfen und Versorgungsmechanismen in Betracht zu ziehen, die für Haushalte und KMU bereits an Relevanz gewonnen haben: Wir sprechen von den Energiegemeinschaften nach §16b ElWOG 2010 (Bürgerenergiegemeinschaften) und § 16c ElWOG 2010 (Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften). Natürlich stehen auch andere Möglichkeiten zur Verfügung, bspw. der Abschluss eines langfristigen Versorgungsvertrages mit dem Betreiber einer Erzeugungsanlage zu festen Preisen – Power Purchase Agreement (PPA) – oder die Installation einer betriebseigenen Erzeugungsanlage für den Eigenverbrauch (bspw. Auf-Dach- oder Freiflächen-PV). In diesem Beitrag möchten wir in erster Linie auf das Konzept der Energiegemeinschaften eingehen, die aus unserer Perspektive aktuell das spannendste Thema darstellen.

Status quo – Welche (Teilnahme-)Möglichkeiten bestehen für Industriebetriebe?

Zunächst zum Konzept: Energiegemeinschaften dürfen im Wesentlichen elektrische Energie erzeugen, die selbst erzeugte Energie verbrauchen, speichern oder (im Rahmen der Aggregierung der erzeugten Energie) verkaufen. Die Erzeugung ist bei Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEGs) – im Gegensatz zur Bürgerenergiegemeinschaft (BEG) – auf erneuerbare Quellen beschränkt. Der Vorteil einer Mitgliedschaft in einer Energiegemeinschaft liegt zunächst darin, dass die Energiegemeinschaft selbst den Strompreis festlegt  und dadurch eine gewisse Planungssicherheit gewährleistet werden kann. Da weder BEGs noch EEGs finanziellen Gewinn als Hauptzweck verfolgen dürfen, kann grundsätzlich auf nachvollziehbare (somit börsenferne) Preise vertraut werden. Direkte finanzielle Begünstigungen fallen bei EEGs an (reduziertes Netzentgelt, Entfall des Erneuerbaren-Förderbeitrags, Befreiung von der Elektrizitäts-Abgabe).  EEGs können lokal (innerhalb einer Transformatorstation) oder regional (innerhalb eines Umspannwerkes) betrieben werden. Die BEG kann sich auf das gesamte Bundesgebiet erstrecken und ist nicht an Transformatorstation, Umspannwerke oder die Grenzen des Konzessionsgebiets eines Netzbetreibers gebunden.

Bereits nach bestehender Rechtslage können grundsätzlich große Unternehmen in Form von Industriebetrieben einer BEG beitreten, dürfen in der BEG jedoch keine Kontrolle ausüben. Die EEG ist großen Unternehmen nicht zugänglich. Die Definition des „großen Unternehmens“ richtet sich nach der Empfehlung der Kommission (2003/361/EG): mindestens 250 Mitarbeiter und einem Jahresumsatz von mehr als EUR 50.000.000 oder einer Bilanzsumme von mehr als EUR 43.000.000.  Übersteigt ein Industrieunternehmen diese Schwellenwerte, kann es aktuell nur einer BEG beitreten, hier jedoch auch von (Kosten-)Planungssicherheit profitieren. Verfügt das Unternehmen über eine betriebseigene Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energie, kann sie diese jedoch an eine EEG am Betriebsstandort verpachten und dadurch zusätzliches Einkommen generieren.

Zukunftsperspektive – Welche Optionen werden Industriebetriebe in Zukunft haben?

Eine Erweiterung der Teilnahmemöglichkeiten an EEGs für große Unternehmen ist auch im Entwurf des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) vom 10.01.2024 nicht enthalten. Dieses soll das ElWOG 2010 ersetzen, das seit über einem Jahrzehnt die Basis für die österreichische Strommarkt-Liberalisierung bildet. Die Legislative hat hier jedoch bislang auf sich warten lassen. Ein baldiger Beschluss ist vor dem Hintergrund des aktuellen Regierungsprogramms für 2025-2029 auch nicht zu erwarten: Dieses kündigte neue Themen für das ElWG an (also auch Nachverhandlungen). Unabhängig davon ist für Industrieunternehmen besonders der folgende Punkt im Regierungsprogramm interessant: „Ermöglichung von Energiegemeinschaften für größere Unternehmen“ – weitere Erläuterungen, insbesondere zu (neuen) Größenmerkmalen, enthält das Regierungsprogramm nicht. Dennoch kann diese Zusage als positiv aufgenommen werden und es bleibt abzuwarten, in welchem Ausmaß große Unternehmen an dezentralen Versorgungsmechanismen in Form einer EEG teilnehmen können.

Fazit – Überlegte Gestaltung eröffnet Möglichkeiten

Wenngleich die künftige Teilnahmemöglichkeit für große Industrieunternehmen an EEGs unklar ist und sich dadurch noch nicht die größtmöglichen Kostenersparnisse im Bereich der dezentralen Energieversorgung im Rahmen einer Energiegemeinschaft materialisieren lassen, steht doch die Teilnahme an einer der derzeit über 500 BEGs  oder gar die Gründung einer solchen zur Verfügung. Auch dadurch kann Versorgungssicherheit verbessert und (Kosten-)Planbarkeit geschaffen werden.

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