FlexCo und die Besonderheiten des Umgründungsrechts – Interview mit Bernhard Rieder
Business Circle: Sehr geehrter Herr Dr. Rieder, hat sich der Anspruch der FlexCo, Start-ups und Wachstumsunternehmen mehr Flexibilität zu geben, bislang erfüllt?
Bernhard Rieder: Die FlexCo hat zweifellos einige strukturelle Vorteile gegenüber den bisher etablierten Kapitalgesellschaften, insbesondere bei der Flexibilisierung von Kapitalmaßnahmen. Für Start-ups bietet sie praxisnahe Gestaltungsmöglichkeiten, etwa durch Unternehmenswertanteile zur Beteiligung von Mitarbeitern. Allerdings wird die FlexCo im Vergleich zur klassischen GmbH noch vergleichsweise selten genutzt. Häufig wird sie als Ein-Personen-Gesellschaft gegründet. In diesen Fällen wird von den flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten kein Gebrauch gemacht. Die Zielgruppe ist also noch nicht zur Gänze erreicht.
BC: Was müsste gesetzlich oder verwaltungspraktisch noch passieren, damit die FlexCo ihr volles Potenzial entfalten kann?
Rieder: Wichtig wäre vor allem Rechtssicherheit zu einigen offenen, spannenden Rechtsfragen – insbesondere bei der Gestaltung von Unternehmenswertanteilen. Es ist natürlich eine Frage der Zeit, bis diese Rechtsfragen durch die Gerichte geklärt werden.
BC: Hat man das Potenzial der Unternehmenswertanteile (UWA) in der Praxis schon ausreichend erkannt?
Rieder: Noch nicht flächendeckend. Zwar wird das Instrument in Fachkreisen diskutiert und punktuell auch tatsächlich genutzt. Die Praxis ist aber zum Teil noch zurückhaltend. Es werden auch statt der neuen Unternehmenswertanteile noch bisher gebräuchliche Gestaltungen wie Substanzgenussrechte oder GmbH & Co KG-Strukturen verwendet.
BC: Gibt es beim Thema Austrittsrecht und Barabfindung ausreichende Klarheit – oder sehen Sie potenziellen Konfliktstoff, etwa in grenzüberschreitenden Fällen?
Rieder: Bei der Frage der Umwandlung von FlexCos in andere Rechtsformen und über die Grenze gibt es in der Literatur zum Teil unterschiedliche Meinungen. Das Austrittsrecht gegen Barabfindung von Gesellschaftern ist ausreichend klar. Uneinigkeit besteht aber zum Teil, wie mit Unternehmenswertanteilen bei rechtsformübergreifenden Umgründungen etwa in eine GmbH umgegangen werden soll.
Jedes neue Gesetz wirft auch Fragen auf
BC: Hat man mit der FlexCo eine zusätzliche Komplexität geschaffen, die in der Praxis mehr Fragen als Lösungen aufwirft?
Rieder: Die FlexCo bringt konzeptionell viele sinnvolle Neuerungen, die jedenfalls zu begrüßen sind. Dass ein neues Gesetz auch Fragen aufwirft, die erst in Wissenschaft und Praxis diskutiert und gelöst werden müssen, ist klar. Das ist aber auch die spannende Aufgabe von uns Juristen – und dazu dient ja letztlich auch der hochkarätige Austausch auf der RuSt, um praxisnahe Lösungen zu entwickeln!
BC: Abschließend etwas Persönliches: Was sind in Ihren Augen die Erfolgsfaktoren der RuSt?
Rieder: Die Qualität der Diskussionen und der unmittelbare, offene Austausch zwischen Praxis, Wissenschaft und Verwaltung. Die Konferenz bietet eine Plattform, auf der nicht nur Neuerungen vorgestellt, sondern auch kontrovers diskutiert werden – immer mit starkem Praxisbezug. Dazu kommt die Konstanz im Format und die hohe fachliche Tiefe, die viele Teilnehmer zu Stammgästen macht. Für mich ist der Austausch mit Kollegen und der Blick auf kommende Entwicklungen jedes Jahr ein Highlight.
BC: Sehr geehrter Herr Dr. Rieder, Danke für dieses aufschlussreiche Gespräch. Wir freuen uns, Sie wieder zu RuSt zu begrüßen!