Betriebseigenschaft im Rechtsdreieck: Arbeits-, Unternehmens- und Steuerrecht
Einleitung
Die Übertragung eines Unternehmens, Betriebs oder Betriebsteils sowie der damit verbundene Inhaberwechsel berührt mehrere Rechtsbereiche – insbesondere das Arbeits-, Unternehmens- und Steuerrecht. Jeder dieser Bereiche verfolgt einen eigenen Schutzzweck und definiert daher eigenständig, unter welchen Voraussetzungen ein Übergang vorliegt und welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben. Die Unterscheidung ist in der Praxis nicht unerheblich, sondern hat erhebliche Auswirkungen auf arbeitsrechtliche Verpflichtungen, unternehmensrechtliche Haftungen und steuerliche Folgen.
Ziel der nachstehenden Analyse ist es, die in der Praxis auftretenden Schnittstellen, Abgrenzungen und Wechselwirkungen zwischen diesen drei Rechtsgebieten herauszuarbeiten und ein Verständnis für die rechtliche Vielschichtigkeit von Unternehmens- und Betriebsübergängen zu schaffen.
Arbeitsrechtliche Perspektive
Nach § 3 Abs 1 AVRAG gehen die Arbeitsverhältnisse der einer wirtschaftlichen Organisationseinheit zugeordneten Arbeitnehmer kraft Gesetzes auf den Erwerber über, wenn diese Einheit ihre Identität und somit ihre Funktionsfähigkeit wahrt. Der Übergang der wirtschaftlichen Einheit wird im Arbeitsrecht als Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang bezeichnet.
Für die Beurteilung, ob ein Betriebs(teil)übergang vorliegt, ist u.a. der Inhaberwechsel maßgeblich (OGH 9 ObA 94/07z, 8 ObA 41/10b; EuGH C-287/86, Ny Moelle Kro, Slg 1987, 5465). In der Praxis – gerade in internationalen Konzernen – fallen Verpflichtungs und Verfügungsgeschäfte jedoch häufig auseinander. Entscheidend ist daher, wer die wirtschaftliche Einheit tatsächlich innehat und führt.
Beispiel: Eine niederländische IT Gesellschaft betreibt in Österreich über ihre Zweigniederlassung ein Rechenzentrum. Das zivilrechtliche Eigentum an Hardware, Software, IP und Know how wird auf eine deutsche Käufergesellschaft übertragen. Faktisch nutzt ab dem Closing die österreichische Zweigniederlassung der deutschen Käufergesellschaft die gesamte Hard- und Software sowie das Know how und IP.
Die Zerstreuung der Eigentumsverhältnisse im genannten Beispiel ändert nichts daran, dass die Vermögenswerte faktisch auf die österreichische Zweigniederlassung der deutschen Käufergesellschaft übergehen – und damit ein Inhaberwechsel nach § 3 Abs 1 AVRAG vorliegt. Das Beispiel zeigt: Entscheidend ist allein der tatsächliche Übergang der wirtschaftlichen Einheit auf einen neuen Inhaber (die österreichische Zweigniederlassung der Käufergesellschaft). Die zivilrechtliche Grundlage spielt arbeitsrechtlich keine Rolle; andernfalls liefe der Arbeitnehmerschutz ins Leere. Der Inhaberwechsel kann folglich durch Kauf, Pacht, Verschmelzung, Ausgliederung, Einbringung, Schenkung etc. erfolgen (ErläutRV 1077 BlgNR 18. GP 11). Ein bloßer Gesellschafterwechsel (Share Deal) begründet hingegen keinen Betriebsübergang, da der Inhaber und Arbeitgeber unverändert bleibt (OGH 9 ObA 47/04h).
Neben dem Inhaberwechsel stellen die Übertragung einer wirtschaftlichen Einheit sowie deren Fortführung durch den neuen Inhaber eine zentrale Voraussetzung dar. Eine wirtschaftliche Einheit ist eine funktional abgegrenzte Organisationseinheit. Sie besteht aus einem organisatorisch selbständigen und auf Dauer angelegten Aufgabenbereich. Sie umfasst eine Gesamtheit von Personen sowie materiellen und immateriellen Betriebsmitteln, deren Zusammenwirken die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht und einem eigenständigen Zweck dient (OGH 8 ObA 143/98g, 9 ObA 51/14m; EuGH C-287/86, Ny Moelle Kro, Slg 1987, 5465). Eine wirtschaftliche Einheit kann ein Unternehmen, ein Betrieb oder ein Betriebsteil sein. Die wirtschaftliche Einheit bildet damit die kleinste abgrenzbare Bezugseinheit innerhalb dieser Größen.
Ob ein Betriebs(teil)übergang vorliegt, beurteilt der EuGH im Wege einer Gesamtbetrachtung im Rahmen eines beweglichen Systems (EuGH 24/85, Spijkers, Slg 1986, 1119). In der Praxis ist dabei die Übertragung eines wesentlichen Teils jener Wirtschaftsgüter (Sachmittel und Belegschaft) maßgeblich, die der wirtschaftlichen Einheit ihre charakteristische Prägung verleihen und ohne die sie ihre Tätigkeit weder ausüben noch ihren Zweck erfüllen könnte. Je nach Ausprägung unterscheidet man zwischen anlage- bzw. kapitalintensiven und arbeitskraftintensiven Einheiten (EuGH C-173/96 und C-247/96, Hidalgo, Slg 1998, I-8237; EuGH C-13/95, Ayse Süzen, Slg 1997, I-1259; OGH 8 ObA 25/11a). Bei anlage- bzw. kapitalintensiven Einheiten basiert die wirtschaftliche Tätigkeit maßgeblich auf physischen Anlagen, Maschinen, Arbeitsmitteln oder immateriellen Gütern wie Know-how, Kundenstamm, Lieferantenbeziehungen, Verträgen oder Goodwill. Demgegenüber steht die arbeitskraftintensive Organisation, bei der die Arbeitskraft – sowohl hinsichtlich ihrer fachlichen Qualifikation als auch der Anzahl der Beschäftigten – das zentrale Element für die wirtschaftliche Wertschöpfung und Funktionsfähigkeit darstellt.
Am Beispiel des Rechenzentrums verleihen die IT Infrastruktur, relevante Daten, IP und Know how die charakteristische Prägung. Werden diese Vermögenswerte übertragen und durch die österreichische Zweigniederlassung faktisch genutzt, liegt ein Betriebsübergang vor – selbst dann, wenn die österreichische Zweigniederlassung der deutschen Käufergesellschaft die Belegschaft nicht übernehmen möchte.
Der maßgebliche Übergangszeitpunkt ist jener Moment, in dem der neue Inhaber über die Wirtschaftsgüter tatsächlich verfügen kann (OGH 8 ObA 40/05y, 9 ObA 144/11h). In der Praxis fällt dieser Zeitpunkt regelmäßig mit dem „Closing“ zusammen. Die unternehmensrechtliche Wirksamkeit von Transaktionsschritten ist für den Betriebsübergangszeitpunkt unerheblich, fallen in der Praxis dennoch oft zusammen.
Liegt ein Betriebs(teil)übergang aus arbeitsrechtlicher Sicht vor, kommt es zur Übergangsautomatik jener Arbeitsverhältnisse, die der wirtschaftlichen Einheit zugeordnet sind. Zugeordnet bedeutet, dass Arbeitnehmende überwiegend, also mehr als 50% ihrer Arbeitszeit für die wirtschaftliche Einheit tätig sind (OGH 8 ObA 91/97h). Die Übergangsautomatik ist zwingend und steht nicht zur (alleinigen) vertraglichen Disposition zwischen dem ursprünglichen Arbeitgeber und dem neuen Inhaber (OGH 8 Ob 15/95; EuGH C-362/89, D’Urso, Slg 1991, I-4105). Nur durch eine ausdrückliche Drei-Parteien-Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer, ursprünglichem Arbeitgeber und neuem Inhaber kann vereinbart werden, dass das Arbeitsverhältnis beim ursprünglichen Erwerber bestehen bleibt (OGH 9 ObA 272/00s). Die gesetzliche Übergangsautomatik gemäß § 3 Abs 2 AVRAG findet keine Anwendung im Falle eines Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung oder eines Konkursverfahrens.
Im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang ist die Vertragsfreiheit erheblich eingeschränkt. Die Haftungsregelungen nach §§ 5 und 6 AVRAG gegenüber den Arbeitnehmenden sind zwingend. Dabei haften der ursprüngliche Arbeitgeber und der neue Inhaber gegenüber den Arbeitnehmenden – nicht etwa die Gesellschaften, die lediglich Eigentum an materiellen oder immateriellen Wirtschaftsgütern halten. Für Ansprüche, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind, besteht eine gesamtschuldnerische Haftung vom ursprünglichen Arbeitgeber und neuen Inhaber. Für Ansprüche, die nach dem Betriebsübergang entstehen, haftet ausschließlich der neue Inhaber (OGH 9 ObA 17/04x). Eine vertragliche Gestaltungsmacht besteht lediglich im Hinblick auf das Innenverhältnis zwischen den am Verpflichtungsgeschäft beteiligten Parteien bzw. zwischen dem bisherigen Arbeitgeber und dem neuen Inhaber (vgl. OGH 5Ob114/03f, 9 Ob 79/08w). Solche Konstellationen sind in der Praxis häufig und werden regelmäßig im Rahmen des globalen oder lokalen Unternehmenskaufvertrages umgesetzt.
Unternehmensrechtliche Perspektive
Aus unternehmensrechtlicher Perspektive liegt ein Unternehmensübergang vor, wenn einzelne Vermögens- und Rechtsverhältnisse auf einen neuen Inhaber übergehen und diese einen Betrieb oder Teilbetrieb im rechtlichen und wirtschaftlichen Sinn darstellen. Maßgeblich sind hier insbesondere die § 38 ff UGB.
Die Literatur definiert einen Teilbetrieb als einen organisatorisch in sich geschlossenen, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten Teil eines (Gewerbe-)Betriebs, der es aufgrund seiner Geschlossenheit ermöglicht, die gleiche Erwerbstätigkeit fortzusetzen. Es darf sich nicht nur um die Anschaffung einzelner Wirtschaftsgüter handeln, vielmehr müssen die wesentlichen Grundlagen des (Teil-) Betriebs erworben werden.
Wird ein Unternehmen durch einen Erwerber fortgeführt, gehen alle unternehmensbezogenen, nicht höchstpersönlichen Rechtsverhältnisse des Veräußerers automatisch auf den Erwerber über. Ausgenommen sind höchstpersönliche Rechte wie Wiederkaufs-, Rückverkaufs- oder Vorkaufsrechte. Im Gegensatz zur zwingenden Übergangsautomatik der Arbeitsverhältnisse beim Betriebsübergang nach § 3 Abs 1 AVRAG, ist § 38 UGB als dispositives Modell ausgestaltet, und gilt daher nur, sofern nichts anderes zwischen Unternehmenserwerber und Unternehmensverkäufer vereinbart wurde.
Für die Anwendbarkeit des § 38 UGB ist es erforderlich, dass sowohl Erwerber als auch Veräußerer Unternehmer im Sinne des UGB sind. Das Unternehmen muss dabei nicht als Ganzes übertragen werden, es kommt darauf an, dass der Wesenskern (Unternehmensidentität) fortgeführt wird. Dies gilt auch dann, wenn das Unternehmen aus mehreren selbständigen Betrieben (Unternehmensteilen, Teilbetrieben) besteht. Ebenso fällt eine Übertragung einer Zweigniederlassung in den Anwendungsbereich des § 38 UGB.
Der Erwerb eines Unternehmens durch Zwangsvollstreckung oder etwa Insolvenz ist vom Anwendungsbereich des § 38 UGB ausgeschlossen. Ebenso ausgeschlossen ist die Fortführung eines Unternehmens durch beispielsweise Pacht oder Leihe, da diese nicht als Unternehmenserwerb gemäß § 38 (1) UGB gilt.
Nach § 38 Abs 1 Satz 1 gehen die Rechtsverhältnisse zum Zeitpunkt des Unternehmensübergangs über (ErläutRV 1058 BlgNR 22. GP 30). Abzustellen ist nach hA auf den faktischen Erfüllungszeitpunkt. Der Zeitpunkt der Unterfertigung des schriftlichen Vertrags ist demgegenüber nicht entscheidend (OGH 6 Ob 80/18k). Vielmehr geht es um den Zeitpunkt der Einräumung der faktischen Verfügungsmacht über Betriebsräume samt Inventar, Personal, usw. („Closing“), was die Unternehmensfortführung durch den Erwerber erst möglich macht.
In der Praxis immer häufiger sieht man einen zeitlich gestaffelten (sukzessiv) umgesetzten Unternehmensübergang in Teilschritten. Da zum Beispiel der Erwerber die Verträge nicht erfüllen kann, sollen diese erst zu einem späteren (zweiten) Closing übertragen werden. In diesem Zusammenhang stellt sich dann die Frage, des tatsächlichen Zeitpunkts des Übergangs. Grundsätzlich führt eine sukzessive Übertragung eines Betriebs erst mit der Übernahme des letzten Betriebsteils zum Unternehmensübergang, es sei denn, dass die einzelnen Teile eine solche Eigenständigkeit aufweisen, dass sie auch als „getrennte selbständige Unternehmensteile“ übertragen werden könnten.
Dritte können dem Übergang gemäß § 38 Abs 2 UGB binnen drei Monaten nach nachweislicher Information widersprechen. Das Widerspruchsrecht kann sowohl gegenüber dem Veräußerer als auch gegenüber dem Erwerber ausgeübt werden.
Der Erwerber haftet gemäß § 38 Abs 4 UGB für alle unternehmensbezogenen Verbindlichkeiten, sofern kein Haftungsausschluss vereinbart wurde. Der Veräußerer haftet nach § 39 UGB weiterhin für Altverbindlichkeiten. Zusätzlich zur dispositiven Haftung nach § 38 UGB ist auch die zwingende Haftung nach § 1409 ABGB zu beachten.
In der Praxis ist auch die analoge Anwendung des § 237 AktG auf die GmbH (6 Ob 38/18h) zu beachten. Bei der Veräußerung des wesentlichen Gesellschaftsvermögens ist somit für die Wirksamkeit sinngemäß die Zustimmung durch Gesellschafterbeschluss und die Formvorschrift eines Notariatsaktes zwingende Voraussetzung.
Steuerrechtliche Perspektive
Auch das Steuerrecht knüpft für zahlreiche seiner Rechtsfolgen bei einer entgeltlichen Veräußerung an die Frage des Vorliegens eines steuerlichen Betriebs oder Teilbetriebs gem. § 24 Abs 1 Z 1 EStG an. Die steuerliche Definition des Betriebs bzw. Teilbetriebs ist eine eigenständige und knüpft nicht an die unternehmensrechtliche oder arbeitsrechtliche Definition an, ist mit diesen aber in vielen Aspekten und damit in der Praxis oft zu großen Teilen deckungsgleich. Werden Übertragungen im Konzern oder außerhalb als Umgründung im Sinne des Umgründungssteuergesetzes vorgenommen, hängt die Anwendung der steuerlichen Buchwertfortführung in zahlreichen Umgründungsarten davon ab, ob ein sogenanntes begünstigtes Vermögen in Form eines steuerlichen Betriebs oder Teilbetrieb übertragen wird.
Mangels einer eigenständigen Begriffsbestimmung verweisen § 12 Abs 2 Z 1 und Z 2 UmgrStG hinsichtlich der Vermögensbegriffe „Betrieb“ und „Teilbetrieb“ auf die Bestimmungen des EStG. Demnach ist ein (Teil)Betrieb eine selbständige organisatorische Einheit zur Erzielung von Einkünften. Dabei ist wesentlich, dass betriebliche Einkünfte im Sinne des § 2 Abs 3 Z 1 bis Z 3 EStG erzielt werden. Eine Übertragung des (Teil-)Betriebes setzt voraus, dass die übertragenen Wirtschaftsgüter die wesentlichen Betriebsgrundlagen gebildet haben und objektiv geeignet sind, dem Erwerber die Fortführung des (Teil-)Betriebes zu ermöglichen. Es muss ein lebender (Teil-) Betrieb, das ist ein in seinen wesentlichen Betriebsgrundlagen vollständiger Organismus des Wirtschaftslebens, übertragen werden (zB VwGH 21.12.1993, 89/14/0268). Die Art, der Umfang und die geschäftliche Wirkungsweise des übertragenen Betriebes müssen aufrechterhalten werden können (VwGH 24.06.2010, 2006/15/0270). Der (Teil)Betrieb muss demnach in seiner konkreten Konfiguration auf die übernehmende Gesellschaft als funktionsfähige Einheit übergehen, d.h. die bestehende (Teil)Betriebseigenschaft muss erhalten bleiben. Jene wesentlichen Aktiva, die für die Führung des (Teil)Betriebes notwendig waren, tatsächlich der Erfüllung des Betriebszweckes gedient haben und nach der Umgründung weiterhin dienen sollen, müssen von ihr, zumindest in Form eines rechtlich abgesicherten Nutzungsrechtes, übernommen werden. Welche Betriebsmittel zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebes gehören, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und entscheidet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des veräußerten Betriebes (VwGH 21.11.1990, 90/13/0145). Die Zuordnung der Wirtschaftsgüter zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen ergibt sich einerseits aus der Art des Betriebes und andererseits nach ihrer Funktion innerhalb des konkreten Betriebes (VwGH 20.11.1990, 90/14/0122). Abzustellen ist somit auf die Besonderheiten des jeweiligen Betriebstypus (VwGH 4.4.1989, 88/14/0083; VwGH 11.11.1992, 91/13/0152; VwGH 25.1.1995, 93/15/0100; VwGH 24.4.1996, 94/15/0025). Daraus ergeben sich einige interessante Unterschiede zum Gesellschafts- und Arbeitsrecht:
• Arbeitskräfte gehören nicht notwendigerweise zu den wesentlichen Grundlagen (VwGH 17.10.1978, 2446/77; VwGH 20.11.1990, 90/14/0122), außer es handelt sich um hochspezialisierte Fachleute, die am Arbeitsmarkt nicht oder nur mehr schwer zu beschaffen sind und für das Funktionieren des Unternehmens unentbehrlich sind, oder es handelt sich um Leitpersonal (VwGH 24.4.1996, 94/15/0025);
• Maschinen, Anlagen und Einrichtungen zählen bei ausstattungsgebundenen Betrieben (Produktionsunternehmen) zu den wesentlichen Grundlagen (VwGH 20.11.1990, 90/14/0122; VwGH 29.1.1998, 95/15/0037); nicht dazu zählen aber das Warenlager und das Personal (VwGH 25.5.1988, 87/13/0066; VwGH 20.11.1990, 90/14/0122; VwGH 29.1.1998, 95/15/0037);
• Der Kunden-, Klienten- bzw. Patientenstock zählt - abgesehen von bloßer Laufkundschaft (VwGH 19.5.1993, 91/13/0022) - regelmäßig zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen, insbesondere bei freien Berufen (Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder, Ärzte; vgl. VwGH 11.11.1992, 91/13/0152; VwGH 19.5.1993, 91/13/0022; VwGH 25.1.1995, 93/15/0100; VwGH 25.6.1998, 94/15/0129);
• Berechtigungen, Konzessionen und ähnliche Rechte können zu den wesentlichen Grundlagen zählen.
Insgesamt stellt das Steuerrecht auf den spezifischen Betriebstypus und die Art des Unternehmens und nicht auf allgemeine Betriebskriterien ab (siehe dazu die „Branchenbezogene Einzelfälle“ in den Einkommensteuerrichtlinien Rz 5518 ff).
Auch außerhalb des Umgründungssteuerrechts spielt die steuerliche Betriebseigenschaft eine Rolle. So knüpft bei der entgeltlichen Veräußerung die Erwerberhaftung des § 14 Abs 1 BAO an den Erwerb eines im Rahmen des Unternehmens gesondert geführten Betriebs an. Die Bestimmung des § 14 BAO geht dabei explizit davon aus, dass die Haftung des Erwerbers deshalb gerechtfertigt ist, weil ein lebender Betrieb und damit das Ertragspotential übergeht. Würden Wirtschaftsgüter einzeln (wenn auch alle Wirtschaftsgüter des Betriebes an verschiedene Erwerber) außerhalb einer geschlossenen Einheit übergehen und erlauben diese Wirtschaftsgüter dem einzelnen Erwerber keinen geschlossenen betriebstypischen Einsatz, sind die Voraussetzungen für das Übergehen eines solchen Ertragspotentials nicht gegeben, und eine Erwerberhaftung kommt damit nicht in Betracht (etwa VwGH 3.10.1984, 83/13/0042). Als gesondert geführter Betrieb iSd § 14 Abs 1 BAO ist auch ein Teilbetrieb iSd § 24 Abs 1 EStG zu qualifizieren (VwGH 25.10.2006, 2005/15/0065). Zuletzt sieht das Steuerrecht für Zwecke der umsatzsteuerlichen Behandlung der Veräußerung eines Unternehmens oder Betriebes im Ganzen in § 4 Abs 7 UStG eine spezielle Bemessungsgrundlagenbestimmung vor. Eine Veräußerung des Unternehmens im Ganzen setzt voraus, dass die für das werbende Unternehmen wesentlichen Grundlagen in einem einheitlichen Akt auf einen Abnehmer übertragen werden. Was die wesentlichen Grundlagen sind, bestimmt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles nach der Verkehrsauffassung (VwGH 29.6.1956, 98/55; 1.10.1962, 516/60; 26.5.1964, 1713/62; 19.4.1968, 1832/66; 26.4.1973, 157/72). Der Begriffsinhalt entspricht nach hL auch hier wieder etwa dem des Teilbetriebes gem. § 24 EStG (VwGH 17.11.1983). Die Entscheidung lässt jedoch offen ob volle Deckung besteht.
Conclusio
Die rechtliche Bewertung von Unternehmens- und Betriebsübergängen im Rahmen unternehmensrechtlicher Umstrukturierungen erfordert eine differenzierte Betrachtung aus arbeits-, unternehmens- und steuerrechtlicher Perspektive. Jeder dieser Rechtsbereiche verfolgt eigene Schutzziele und knüpft teilweise an unterschiedliche Voraussetzungen für das Vorliegen eines Unternehmens- bzw. Betriebs(teil)übergangs an.
Die Analyse zeigt: Arbeitsrechtlich kann ein Betriebs(teil)übergang auch dann vorliegen, wenn kein Unternehmensübergang iSd § 38 UGB gegeben ist. Umgekehrt geht steuerlich in vielen Fällen ein Betriebsübergang mit einem Unternehmensübergang einher. Der reine Größenschluss trügt jedoch; in kompliziert gelagerten Fällen ist eine sorgfältige Prüfung der Voraussetzungen und Rechtsfolgen in allen drei Bereichen daher unerlässlich, um Haftungsrisiken zu minimieren, Arbeitnehmerrechte zu wahren und steuerliche Vorteile zu sichern. Nur durch ein interdisziplinäres Verständnis lassen sich Übergänge rechtssicher und wirtschaftlich sinnvoll gestalten.
Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist entscheidend, ob eine wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität auf einen neuen Inhaber übergeht. Die zivilrechtliche Grundlage des Übergangs ist nebensächlich. Liegt ein solcher Übergang vor, liegt ein Betriebs(teil)übergang vor, der insbesondere den automatischen Übergang von Arbeitsverhältnissen nach § 3 AVRAG auslöst; die vertragliche Gestaltungsfreiheit ist bei Vorliegen eines Betriebs(teil)übergangs sehr eingeschränkt. Im unternehmensrechtlichen Kontext ist die Fortführung des Wesenskerns des Unternehmens (Unternehmensidentität) maßgeblich, wobei es sich um einen organisatorisch in sich geschlossenen, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten Teil eines (Gewerbe-)Betriebs handeln muss. Beim Zeitpunkt des Unternehmensübergangs kommt es auch auf die Einräumung der faktischen Verfügungsmacht an. Im Gegensatz zur zwingenden Übergangsautomatik und den Haftungsbestimmungen nach §§ 3ff AVRAG ist § 38 UGB dispositiv und kann durch Vereinbarung ausgeschlossen werden. Die steuerrechtliche Beurteilung eines Betriebs- oder Teilbetriebsübergangs weist inhaltliche Überschneidungen mit den arbeits- und unternehmensrechtlichen Definitionen auf, unterscheidet sich jedoch in einzelnen Aspekten deutlich aufgrund ihrer eigenständigen Zielsetzung und Systematik. Dabei zeigt sich: Während etwa Personal im arbeitsrechtlichen Kontext zentral sein kann, zählt es steuerlich nicht zwingend zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen.
Mag.a Sophie Schubert, Rechtsanwältin und Expertin für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht bei Baker McKenzie
Mag. Dr. Philipp Stanek, MBL, MSc (HEC), Rechtsanwalt/Steuerberater und Steuerrechtsexperte bei Baker McKenzie
Mag.a Andrea Haiden, LL.M., Rechtsanwältin und Arbeitsrechtsexpertin bei Baker McKenzie

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