Von Schiedsklauseln und Schiedsgerichten bis zum Management von Schieds- und Gerichtsverfahren
Im Rahmen der RuSt diskutierten Marleen Krüger, Amanda Neil und Paul Oberhammer praxisnah über die Gestaltung und Wirksamkeit von Schiedsklauseln, die Wahl der Schiedsordnung, die Zusammensetzung von Schiedsgerichten und das Management von Schieds- und Gerichtsverfahren aus Unternehmenssicht.
Einleitung und rechtlicher Rahmen
Professor Paul Oberhammer eröffnete mit einer Umfrage unter den zahlreich anwesenden Unternehmensjuristen zu deren Dispute-Resolution-Klauseln und diskutierte anhand dieses Inputs die Vor- und Nachteile verschiedener Lösungen: Viele Unternehmen hätten nach wie vor eine gewisse Scheu vor Schiedsverfahren – häufig, weil sie mit der Materie weniger vertraut sind. Dabei biete die Schiedsgerichtsbarkeit gerade bei internationalen Geschäften erhebliche Vorteile.
Gerichtsstandsvereinbarungen seien etwa gegenüber Vertragspartnern außerhalb der EU oft ineffizient, da Gerichte in Fällen, die über die EU-Grenzen Urteile häufig nicht anerkennen und vollstrecken. In diesen Fällen sei eine Schiedsklausel unverzichtbar, um Rechtsdurchsetzung zu sichern.
Oberhammer verglich staatliche Verfahren treffend mit dem Besuch eines Kassenpatienten beim Arzt: „Die hohe Fallzahl führt zwingend zu einem eher schematischen Vorgehen, auch wenn die staatlichen Richter hochqualifiziert sind.“ Schiedsverfahren dagegen erlaubten es, auf komplexe Sachverhalte individuell einzugehen, eigene Gutachten einzubringen und die ökonomische Tragweite für das Unternehmen angemessen zu berücksichtigen. Zudem spiele die Vertraulichkeit eine zentrale Rolle – ein Faktor, der im wirtschaftlichen Kontext häufig entscheidend sei.
Internationale Schiedsgerichtsbarkeit und gängige Regeln
Marleen Krüger, die in London bei WilmerHale in internationalen Schiedsverfahren tätig ist, stellte die beliebtesten Schiedsregeln und -institutionen weltweit vor – darunter die ICC, die LCIA und die VIAC. Letztere genießt als Schiedsinstitution der Wirtschaftskammer Österreich international ein sehr hohes Ansehen und stärkt Wien als bedeutenden Schiedsort.
Während in kleineren Gesellschaften oder Stiftungen ad hoc-Schiedsklauseln sinnvoll sein können, empfiehlt sich bei großen, internationalen Verträgen meist die Wahl einer etablierten Schiedsinstitution. Entscheidend ist auch die Wahl eines Schiedsorts mit verlässlicher Gerichtsbarkeit, um zu vermeiden, dass staatliche Gerichte Schiedssprüche aus unsachlichen Gründen aufheben. Wichtig zu wissen: Der Sitz des Schiedsverfahrens muss nicht zwingend der Ort der mündlichen Verhandlung sein.
Krüger betonte außerdem, dass moderne Tools, auch KI-gestützte Vertragsgeneratoren, bei der Formulierung von Schiedsklauseln hilfreich sein können – ihre Ergebnisse müssten aber stets kritisch überprüft werden. „Nicht einfach ungeprüft aus dem Internet übernehmen“, warnte sie, „denn schlecht formulierte Klauseln können später ein echtes Hindernis sein.“
Rechtliche Anforderungen und aktuelle Entscheidungen
Ein besonderes Augenmerk lag auf der Wirksamkeit von Schiedsklauseln in Gesellschaftsverträgen. Professor Oberhammer erläuterte dazu die Swarovski-Entscheidung des OGH (OGH 3.4.2024, 18OCg 3/22y), die besagt, dass Beschlussmängelstreitigkeiten nur dann schiedsfähig sind, wenn alle Gesellschafter bereits in der Schiedsvereinbarung vorgesehene Mitwirkungsrechte haben. Unternehmen sollten daher bestehende Gesellschaftsverträge prüfen und gegebenenfalls anpassen.
Ergänzend wies er auf eine aktuelle Entscheidung des OGH vom 13. August 2025 (6 Ob29/24v) hin, wonach die Vereinbarung einer Passivlegitimation einer Personengesellschaft – etwa einer GmbH & Co KG – in Beschlussmängelstreitigkeiten unzulässig ist. Daraus ergibt sich nicht zuletzt die Frage, für welche Fälle die Swarovski-Entscheidung überhaupt noch relevant ist. Beide Entscheidungen unterstreichen die Notwendigkeit, Schiedsklauseln präzise und individuell zu gestalten.
Verfahrensstrategie und praktische Tipps aus Unternehmenssicht
Im zweiten Teil brachte Amanda Neil, Legal Counsel bei HEAD und ehemalige Anwältin in der Schiedsgruppe einer Wiener Großkanzlei, die Unternehmensperspektive ein. Als langjährige Prozessanwältin habe sie Schiedsverfahren früher „geliebt“ – heute als Inhouse Counsel sehe sie diese differenzierter, weil sie auf Unternehmensseite Kosten, Ressourcen und strategische Abstimmung im Blick behalten müsse.
Ihre wichtigsten Empfehlungen:
• Vorbereitung ist alles: Verträge sollten vollständig, gut dokumentiert und leicht auffindbar sein. Schiedsklauseln müssen zu den konkreten Sachverhalten und Beteiligten passen.
• Klare interne Prozesse: Unternehmen sollten definieren, wann interne Stakeholder die Rechtsabteilung einbinden müssen, um unvorhergesehene Verfahren zu vermeiden.
• Das richtige Team: Für jedes Verfahren braucht es ein funktionierendes internes Team und die Rückendeckung des Managements. Bei externen Kanzleien ist entscheidend, dass sie sich mit der Branche und den technischen sowie wirtschaftlichen Gegebenheiten des Unternehmens auskennen.
• Kostenkontrolle: Kosten lassen sich steuern, wenn klar geregelt ist, was im Unternehmen selbst erledigt werden kann und welche Aufgaben an die Kanzlei ausgelagert werden.
• Beweisführung: Die Faktenbasis muss sauber aufbereitet sein – ob intern oder extern, Hauptsache gründlich und nachvollziehbar.
• Mitgestaltung im Verfahren: Unternehmensjuristen sollten aktiv in die Auswahl der Schiedsrichter eingebunden sein und das Verfahren proaktiv begleiten.
Neil betonte: „Reaktiv zu handeln ist zu spät – und zu teuer. Wer als Inhouse Counsel nur hinterherläuft, bezahlt am Ende doppelt.“ Gute Kommunikation innerhalb des Unternehmens sei entscheidend, denn viele Konflikte entstünden aus Informationsmangel.
Auch die Nachbereitung eines Schiedsverfahrens ist zentral: „Nach dem Urteil beginnt die Arbeit erneut – der Schiedspruch muss möglicherwiese vollstreckt werden, Man muss Lernerfahrungen dokumentieren und möglicherweise Prozesse anpassen. Es ist wichtig, auf zukünftige Verfahren vorbereitet zu sein.
Abschließende Gedanken
Schiedsgerichtsbarkeit verlangt sorgfältige Vorbereitung, rechtliche Präzision und ein gutes Zusammenspiel zwischen interner Rechtsabteilung, externem Counsel und Unternehmensleitung.
Ob institutionell oder ad hoc, ob Wien, London oder Singapur – entscheidend ist, dass das gewählte Verfahren zur Geschäftsstruktur, Risikolage und Unternehmenskultur passt.

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