Exportkontrolle als heißes Eisen für die Compliance Community: Ein Gespräch mit Martin Eckel
Business Circle: Sehr geehrter Herr Mag. Eckel, eingangs etwas Persönliches: Sie sind Head of Compliance und Competition bei Taylor Wessing, möchten Sie uns einen kurzen Überblick darüber geben, wie Sie Ihr Weg dorthin geführt hat und ob Compliance für Sie Beruf oder doch eher Berufung ist?
Martin Eckel: Nach Abschluss meines Studiums führte mich mein Weg nach Amsterdam, wo ich einen LL.M. absolvierte. Damals war das Wettbewerbs- und Kartellrecht noch ein vergleichsweise junges Fachgebiet. Anschließend schlug ich die klassische Anwaltslaufbahn ein – zunächst als Konzipient, später als Anwalt und seit 2004 als Partner bei TW. Begonnen habe ich im Gesellschaftsrecht; mit wachsender Bedeutung des Kartell- und Wettbewerbsrechts Anfang der 2000er Jahre verlagerte sich mein fachlicher Fokus zunehmend. Später bin ich über Kartellrechtspolicies und Schulungen zu Compliance gekommen.
In dieser Zeit gewann auch das Thema Compliance als Teil unternehmerischer Verantwortung an Bedeutung. Ob Compliance für mich Beruf oder Berufung ist, lässt sich schwer sagen – vermutlich beides. Ich übe diesen Beruf täglich mit juristischem Anspruch und fachlicher Sorgfalt aus, sehe darin aber zugleich eine Berufung, weil ich mich mit den dahinterstehenden Werten identifiziere. Integrität, Transparenz und Verantwortungsbewusstsein sind für mich nicht nur regulatorische Anforderungen, sondern Grundpfeiler einer funktionierenden Gesellschaft sowie Wirtschaft.
Dual Use-Güter: Klare Trennung zwischen ziviler und militärischer Nutzung schwierig
BC: Dual-Use-Güter stehen exemplarisch für das Dilemma zwischen technologischem Fortschritt und Sicherheitsinteressen. Wie trennscharf lässt sich heute überhaupt noch unterscheiden, was zivil und was militärisch nutzbar ist – und geraten wir damit nicht zwangsläufig in eine Überregulierung? Und wo muss das Compliance Management hier ansetzen?
Eckel: Die klare Trennung zwischen ziviler und militärischer Nutzung von Dual-Use-Gütern ist mittlerweile sehr schwierig geworden. Viele Technologien – etwa KI oder Halbleiter – sind doppelt einsetzbar, was erhebliche Unsicherheiten schafft. Vor allem aber braucht es technische Expertise. Klare Prozesse zur Klassifikation, Endverwendungsprüfung und Dokumentation können dabei helfen, die Exportkontrolle zu managen.
BC: Gerade die Exportkontrolle wird zur Nagelprobe für die Compliance-Abteilung in internationalen Unternehmen: Wie lässt sich Rechtssicherheit in globalen Lieferketten gewährleisten, wenn nationale Vorgaben, EU-Regulatorik und US-Vorgaben sich ständig überlagern?
Eckel: Internationale Exportkontrolle ist komplex, da nationale, EU- und US-Vorgaben oft kollidieren. Unternehmen benötigen daher ein strukturiertes, transparentes Compliance-System mit klarer Zuordnung der relevanten Regelwerke. Standardisierte Vertragsklauseln, Sanktionslistenprüfungen und Behördenabstimmungen helfen bei der Umsetzung. Ein digitalisierter oder zumindest digital unterstützter, risikobasierter Kontrollprozess macht Compliance zur Absicherung statt zur Belastung globaler Geschäfte.
BC: Die US-Exportkontrolle wirkt längst weit über amerikanisches Territorium hinaus – selbst europäische Unternehmen geraten unter Druck, sich nach US-Vorgaben zu richten. Wie viel wirtschaftliche Souveränität bleibt Europa noch, wenn Washington faktisch mitbestimmt, wer mit wem Handel treiben darf?
Eckel: Die US-Exportkontrolle wirkt längst global und beeinflusst europäische Unternehmen über US-Ursprungswaren, Finanzsanktionen und Technologieregeln. Anders als bei den Iran-Sanktionen ist vor allem bei den Sanktionen gegen Russland ein gewisser „Gleichklang“ zu beobachten.
BC: Ein exzellentes Embargomanagement soll Risiken minimieren, ohne den Geschäftsverkehr zu lähmen. Wie viel Kontrolle ist nötig und gibt es so etwas wie Faustregeln oder Quick-Wins?
Eckel: Quick-Wins sind etwa ERP-Anbindungen an Sanktionslisten, standardisierte Vertragsklauseln und ein klares Eskalationsschema. Regelmäßige Schulungen und Risiko-Reviews halten Prozesse aktuell und effizient.
BC: Sehr geehrter Herr Mag. Eckel, wir danken Ihnen für dieses Gespräch!

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