Biomethan als Schlüssel zur Klimaneutralität: Thomas Schlager (EVN Biogas) über Chancen, Hürden und Risiken
Business Circle: Sehr geehrter Herr Schlager, in unserem letzten Interview haben Sie langfristige Rahmenbedingungen als entscheidenden Hebel für den Ausbau von Biomethan genannt. Welche politischen oder regulatorischen Fortschritte sehen Sie seit dem Interview – und wo besteht der größte Handlungsdruck?
Thomas Schlager: Seit unserem letzten Gespräch hat sich leider nichts Grundlegendes geändert. Die angekündigten Leuchtturmgesetze – das Erneuerbare-Leitungs-Ausbau-Gesetz (ELWG), das Erneuerbare-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz (EABG) und das Erneuerbare-Gase-Gesetz (EGG) – sind komplex, aber entscheidend für den Ausbau erneuerbarer Energien. Ich bin überzeugt, dass die Expertinnen und Experten in der Regierung alles daransetzen, diese Gesetze möglichst bald und vor allem inhaltlich gut und langfristig tragfähig umzusetzen. Natürlich wäre es mir lieber, wir hätten die Gesetze schon, aber ich warte lieber etwas länger, wenn wir dafür wirklich zukunftsfähige Lösungen bekommen.
BC: Warum ist Biomethan aus Ihrer Sicht ein Schlüsselbaustein für eine klimaneutrale und sichere Energiezukunft – gerade in Österreich?
Schlager: Biomethan ist klimaneutral, speicherbar und vollständig kompatibel mit der bestehenden Gasinfrastruktur. Es ersetzt fossiles Erdgas ohne technische Anpassungen und trägt damit direkt zur Dekarbonisierung bei. Für Österreich ist das besonders relevant, da der Gasverbrauch hoch ist (rund 68 TWh/Jahr), während die Einspeisung erneuerbarer Gase bisher bei nur 0,134 TWh liegt. Biomethan stärkt die Versorgungssicherheit, reduziert Importabhängigkeit und schafft regionale Wertschöpfung. Studien zeigen ein Potenzial von bis zu 20 TWh Biomethan bis 2040 – ein entscheidender Hebel für die Klimaneutralität bis 2040 und die Umsetzung des REPowerEU-Ziels von 35 bcm Biomethan in Europa bis 2030.
BC: Welche politischen und regulatorischen Hürden behindern derzeit den Ausbau der Biomethanwirtschaft in Österreich?
Schlager: Die größte Hürde ist das fehlende Erneuerbare-Gase-Gesetz (EGG), das Investitions- und Planungssicherheit schaffen würde. Ohne klare Zielvorgaben, Fördermechanismen und ein funktionierendes internationales Zertifizierungssystem bleibt der Markthochlauf aus. Projekte sind technisch umsetzbar, aber rechtlich blockiert.
Ein geschlossener Stoffkreislauf: Abfälle werden zu Energie, Nebenprodukte zu Rohstoffen
BC: Wie gelingt es der EVN Biogas GmbH, regionale Reststoffe in zertifiziertes Biomethan zu überführen – und welche Rolle spielt dabei die industrielle Symbiose?
Schlager: EVN Biogas setzt auf regionale Kreislaufwirtschaft: Agrarische Reststoffe, kommunaler Biomüll und Grünschnitt werden vergoren, das Biogas wird zu Biomethan aufbereitet und ins Gasnetz eingespeist. Der verbleibende Gärrest dient als Dünger, wodurch ein geschlossener Stoffkreislauf entsteht. Die industrielle Symbiose zeigt sich in der Kooperation mit Landwirtschaft, Kommunen und Industrie: Abfälle werden zu Energie, Nebenprodukte zu Rohstoffen. Dieses Modell reduziert Emissionen, spart Kosten und stärkt regionale Wertschöpfung. Beispiele wie die Anlage in Aschbach (15–18 GWh/Jahr, 5.200 t CO₂-Einsparung) verdeutlichen die Praxis.
BC: Welche wirtschaftlichen Herausforderungen bestehen bei der Produktion von Biomethan – und wie können diese durch technologische Innovationen und Skaleneffekte überwunden werden?
Schlager: Die Produktion von Biomethan ist derzeit etwa dreimal so teuer wie fossiles Erdgas. Hauptursachen sind hohe Rohstoffkosten, kleine Anlagengrößen und ein hoher Investitionsbedarf. Um diese Kostenlücke zu schließen, braucht es größere Anlagen für Skaleneffekte, technologische Innovationen und Automatisierung sowie politische Unterstützung durch Förderungen, Abgabenbefreiung und einen europaweit harmonisierten Biomethan-Zertifikatshandel.
BC: Wie profitieren Industrieunternehmen konkret von zertifiziertem Biomethan – insbesondere im Hinblick auf CO₂-Ziele und das EU-Emissionshandelssystem?
Schlager: Zertifiziertes Biomethan bietet Industrieunternehmen klare Vorteile. Es ermöglicht die Erfüllung von CO₂-Reduktionszielen und verbessert die ESG-Bilanz. Durch die Anrechnung im EU-Emissionshandelssystem können Unternehmen Kosten für Zertifikate sparen. Die Infrastruktur bei den Industrieunternehmen muss nicht umgerüstet werden. EVN Biogas übernimmt dabei die Rolle des Systemintegrators, indem sie die Zertifizierung, Herkunftsnachweise und die Einspeisung ins Gasnetz sicherstellt.
BC: Abschließend: Sie kennen unsere Konferenz „Renewables meets Industry“ nun auch aus eigener Erfahrung. Möchten Sie Ihren persönlichen Eindruck von diesem Event mit uns teilen?
Schlager: Der Austausch mit Industrieunternehmen ist für uns von besonderer Bedeutung. Wir entwickeln unsere Produkte nach den Bedürfnissen unserer Kunden – und diese erfahren wir am besten im direkten Dialog. Für mich ist die Konferenz ein jährliches Highlight, das wertvolle Impulse für Innovation und Zusammenarbeit liefert. Ich freue mich sehr auf das Sustainability Summit 2026.
BC: Sehr geehrter Herr Schlager, wir danken Ihnen für dieses aufschlussreiche und zukunftsweisende Gespräch und freuen uns, Sie bald wieder auf unserer Bühne begrüßen zu dürfen!

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