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Compliance und die Aufgaben der FMA: Im Gespräch mit Mariana Kühnel

Mariana Kühnel ist seit Juli 2025 Vorstandsdirektorin der Finanzmarktaufsicht. Wir sprechen über Wandel im Selbstverständnis der Aufsichtsbehörden, die neue Rolle der FMA bei Sanktionen und natürlich darüber, warum Compliance vor allem Chefsache ist.

Business Circle: Sehr geehrte Frau Mag. Kühnel, zunächst einmal Glückwunsch zum Amtsantritt! Welche Projekte wollen Sie als erstes angehen?

Mariana Kühnel: Herzlichen Dank – ich freue mich sehr auf die neue Herausforderung! Ich werde in der Tätigkeit jedenfalls einen starken Fokus auf Innovations- und Digitalisierungsthemen legen. Eine Aufsicht am Puls der Zeit ist einer meiner Schwerpunkte, wo ich einen neuen Blickwinkel einbringen werde und  gemeinsam mit meinem Vorstandskollegen, Helmut Ettl, die FMA weiterentwickeln werde.

BC: Etwas Persönliches: Bei der „Compliance now!“ sprechen wir oft davon, dass Compliance mehr sein sollte als ein Job – eine Berufung. Inwiefern unterscheidet sich Compliance-Leadership in einer Aufsichtsbehörde wie der FMA von der Compliance-Führung in Unternehmungen, in denen Sie zuvor tätig waren?

Kühnel: Integrität und gesetzeskonformes sowie ethisch korrektes Verhalten hat für mich immer oberste Priorität. Die FMA ist hier im Unterschied zu anderen Unternehmungen jedoch zusätzlich in einer Doppelrolle, da sie selbst Standards im Compliance-Bereich für andere Unternehmen mitentwickelt, an denen sie sich selbstverständlich auch selbst wieder orientiert.

BC: Ab 2026 wird die Sanktionsüberwachung zur FMA wandern. Wie bereiten Sie sich personell und organisatorisch darauf vor?

Kühnel: Wir etablieren einen zentralen One-Stop-Shop für AML und Sanktionen, in dem die FMA ab 2026 zusätzlich zur Aufsicht von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung auch die Aufsicht über Finanzsanktionen für alle Finanzmarktteilnehmern übernimmt.

Sowohl personell als auch organisatorisch sind wir mitten im Aufbau. Dafür nutzt die FMA bestehende Ressourcen, ergänzt mit neuen Kompetenzen und neu aufgenommenen Fachpersonal. In enger Abstimmung mit der OeNB und aufbauend auf deren bestehenden Know-How wird ein nahtloser Übergang der Zuständigkeit sichergestellt. Digitale Aufsichtstools werden zur Unterstützung gezielt beschafft bzw. ausgebaut.

Die integrierte Aufsicht vermeidet Doppelgleisigkeiten, ermöglicht abgestimmte Prüfzyklen und schafft klare, einheitliche Anforderungen. Zudem stärkt die enge Zusammenarbeit mit Partnerbehörden eine wirksame, zukunftsorientierte Aufsicht aus einer Hand. Digital Tools und automatisierte Analysen werden verwendet für eine daten- und risikobasierte Aufsicht, die mögliche Umgehungen in den Blick nimmt und das gesamte Toolkit bis hin zu Strafen konsequent einsetzt.

BC: Wenn die FMA in Zukunft auch sanktioniert: Worauf müssen sich Compliance Officers in Banken einstellen?

Kühnel: Das Management von AML und Sanktionen ist „Chefsache“. Die FMA erwartet, dass das Senior-Management persönlich für Sanktions-Compliance einsteht, Zuständigkeiten klar geregelt sind und ausreichende Ressourcen bereitgestellt werden. Bloße Listenabgleiche reichen nicht aus, sondern braucht es eine vertiefte Auseinandersetzung mit Produkten, Kunden und Transaktionen – von strukturierter Fallanalyse über Szenarienprüfungen bis hin zu systematischer Nachverfolgung und Erkennen von Mustern.

Der „tone from the top“ ist entscheidend, damit Risiko-Bewusstsein im gesamten Institut verankert wird.

BC: Mit der europäischen Geldwäscheaufsichtsbehörde AMLA entsteht eine neue Institution. Wie könnte sich die Zusammenarbeit zwischen FMA und AMLA gestalten?

Kühnel: Die FMA bleibt zentrale Ansprechpartnerin für die meisten Verpflichteten und fungiert als Brücke zwischen nationaler Aufsichtspraxis und europäischer Regulierung. Gleichzeitig wird die AMLA die Kohärenz in Europa stärken, Zusammenarbeit mit nationalen Aufsichtsbehörden und FIUs fördern und für mehr Rechtssicherheit in grenzüberschreitenden Fällen sorgen. Die FMA bringt datengetriebenes, risikobasiertes Aufsichts-Know-how, Erfahrungen aus dem SSM, die erst kürzlich erfolgte FATF Prüfung, sowie ihre CESEE-Expertise aktiv in die AMLA ein.
Besonders in Österreich hat sich ein konstruktiver Dialog mit der Wirtschaft etabliert – u. a. durch Initiativen wie die „Compliance now!“. Die FMA kann diese Rolle als Vermittlerin weiter stärken: mit Kenntnis des heimischen Finanzmarkts, spezifischem Risiko-Know-how und der gezielten Weitergabe von Rückmeldungen der Verpflichteten an AMLA.
Für Verpflichtete bedeutet das: klare, praxistaugliche und europaweit einheitliche Vorgaben – mit weiterhin national verankerten Prozessen und Ansprechpartnern.

BC: Was wünscht sich die FMA von Banken – mehr Transparenz, mehr Eigenverantwortung oder einfach strikte Einhaltung der Vorschriften?

Kühnel: Die Einhaltung der Spielregeln durch alle Akteure am Finanzmarkt ist aus Sicht der FMA unverzichtbar und schafft ein level playing field.

Nur so können Banken in einem fairen Wettbewerb arbeiten und ihren Kund:innen bestmöglich ihre Dienstleistungen anbieten. Darüber ist auch die Eigenverantwortung eine Voraussetzung guten Bankmanagements. Wo Risiken mit Bedacht eingegangen und gemanagt werden, wo Spielräume ausgeschöpft, aber nicht überreizt werden, wo bankgeschäftliche Entscheidungen mit Verantwortung und Wissen gefällt werden, findet ein stabiles und nachhaltiges Wachstum statt. Und das wünschen wir uns.

BC: Abschließend: Sie kennen unsere Konferenzen schon aus eigener Erfahrung. Worauf freuen Sie sich bei der „Compliance now!“ am meisten?

Kühnel: Ich freue mich besonders auf den offenen Austausch bei der „Compliance now!“. Die Konferenz bietet nicht nur spannende Impulse zu aktuellen Herausforderungen, sondern auch die Möglichkeit, mit Expert:innen und Kolleg:innen aus unterschiedlichsten Bereichen in den Dialog zu treten. Gerade die praxisnahen Perspektiven und Diskussionen machen die Veranstaltung für mich besonders wertvoll.

BC: Vielen Dank für das tolle Feedback! Wir freuen uns sehr, Sie wieder bei uns zu begrüßen.

© Fotos: Eurofi, Cati Donner und Business Circle

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