M&A-Revolution durch AI und Big Data? Interview mit Graig Gröbli, DEALCIRCLE
Business Circle: Sehr geehrter Herr Gröbli, eingangs etwas Persönliches: Sie sind Co-Founder und Managing Partner von DEALCIRCLE. Was war damals der Auslöser für die Gründung, wo haben Sie die entscheidende Marktlücke gesehen und welche Meilensteine waren für Sie in den letzten sechs Jahren besonders prägend – technologisch, wirtschaftlich oder kulturell?
Graig Gröbli: Ich war als Partner im Private Equity tätig und habe in dieser Zeit nicht nur festgestellt, dass das Dealsourcing für Investoren schwierig ist, sondern das M&A-Berater vor ähnlichen Problemen stehen. Besonders im Smallcap-Markt gäbe es grundsätzlich i.d.R. genug interessierte Parteien, es fehlen aber insbesondere die Transparenz und die Ressourcen für eine zeitintensive Recherche. Genau diese Lücke haben wir mit DEALCIRCLE geschlossen und bringen M&A-Berater und Käufer effizient und schnell zusammen.
Ein großer Meilenstein war der Launch unserer neuen Plattform AMBER im letzten Jahr – diese löst die alte DEALCIRCLE-Plattform ab und bietet Verkäufern und Käufern einen direkten Ort für eine sichere Unternehmensnachfolge. Natürlich generieren wir mit DEALCIRCLE aber weiterhin mit Hilfe von Tech, KI und menschlicher Expertise Shortlists für M&A-Berate, so dass sich beide Services perfekt ergänzen.
BC: Im Due Diligence-Prozess versprechen KI-Systeme enorme Zeiteinsparung. Wie viel ist realistisch – und wo stößt die Automatisierung an ihre Grenzen?
Gröbli: Bereits heute können wir dank gezieltem Einsatz von KI große Zeiteinsparungen im Due Diligence-Prozess erzielen. Trotzdem steht die gesamte Entwicklung erst am Anfang und aktuell ist die Höhe der Zeiteinsparung auch abhängig von der Art der Due Diligence. Im Bereich Financial DD wird bereits heute KI umfassend benutzt, weil das vergleichbar hohe Maß an Standardisierung gute Analysen durch KI ermöglicht. In der Commercial DD können selbst die kostenlos verfügbaren KI-Modelle sehr effizient in der Marktanalyse unterstützen. In der Legal DD können erste Themen ebenfalls von KI analysiert werden, hier braucht man aber die größte manuelle Überprüfung. Trotzdem kann KI auch in der Legal DD dabei helfen, schneller erste Aussagen treffen zu können.
BC: Worin bestehen aus Ihrer Sicht die größten Risiken bei einer rein KI-gestützten Due Diligence – sei es rechtlich, ethisch oder operativ? Anders formuliert: Wo endet der Algorithmus – und wo braucht es zwingend menschliches Urteil?
Gröbli: Wir sind im Jahr 2025 sehr weit weg von einer reinen KI-gestützten DD. Trotzdem sehe ich aktuell zwei Risiken: Das erste Risiko ist, dass man sich zu sehr auf die Ergebnisse der KI verlässt. Das sehe ich in der Praxis aber wirklich gar nicht. Alle Ergebnisse von KI werden durch Menschen validiert und somit führt der Einsatz von KI zu einem Zeit- und/oder Qualitätsgewinn. Das zweite Risiko schätze ich hingegen als viel größer ein, und das ist, dass man KI-Tools aus verschiedensten Gründen gar nicht erst nutzt und deswegen in der DD Dinge übersieht, die die KI gefunden hätte.
BC: Außereuropäische Investoren – insbesondere aus den BRICS-Staaten - nutzen KI heute zunehmend, um europäische Targets systematisch zu analysieren und zu erwerben – ist Europa in dieser Hinsicht zu langsam, zu vorsichtig oder einfach strukturell im Nachteil?
Gröbli: Europa ist hier nicht strukturell im Nachteil, ganz im Gegenteil, sondern die gezielte Analyse ist für ausländische Investoren nur möglich, weil wir in Europa über so strukturierte Daten verfügen, dass diese für solche Analysen genutzt werden können. Das macht es ausländischen Investoren leicht(er), europäische Targets anhand von validierten Daten zu identifizieren. Trotzdem haben wir in Europa definitiv zu lang gebraucht, unsere eigenen Daten und Tools effizient zu nutzen. Aber auch das ist mittlerweile Standard.
BC: Wenn KI in M&A-Prozessen fehlerhafte Empfehlungen liefert – etwa durch falsche Matching-Logiken oder fehlerhafte Dateninterpretation – dann ist das ja nicht die „Schuld“ der KI, sondern es gab ein unzureichendes Prompting oder aber fehlerhafte Programmierung der Algorithmen. Wer trägt letztlich die Verantwortung für wirtschaftliche Schäden?
Die Menschen tragen die Verantwortung, und das wird auch so bleiben
Gröbli: Vorab: Ich bin da kein Experte, aber die Anbieter der Tools übernehmen hier sicher keine Haftung. Die Tools werden als Unterstützung vermarktet und versprechen auch keine 100%ige Sicherheit. Am Ende tragen die Menschen, die die KI-Tools einsetzen, die Verantwortung für die Ergebnisse und das wird auch noch eine sehr lange Zeit so bleiben.
BC: Abschließend: Das wird Ihr erster Auftritt bei uns sein – Glückwunsch dazu! Warum ist Österreich als Markt interessant und worauf freuen Sie sich bei der Konferenz am meisten?
Gröbli: Als Franzose, der in Deutschland lebt, habe ich eine etwas andere Perspektive auf den österreichischen M&A-Markt als das vielleicht die meisten deutschen Kollegen haben. Sie sehen den österreichischen Markt oft als Teil des großen Ganzen, ich sehe ihn aber als eigenständigen Markt mit kulturellen Unterschieden und freue mich deswegen sehr, den Markt durch den persönlichen Austausch vor Ort noch besser zu verstehen.
BC: Sehr geehrter Herr Gröbli, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und freuen uns, Sie zum M&A-Summit zu begrüßen