Praktische Vorbereitung auf die EU-Entgelttransparenz-Richtlinie
In Österreich liegt bislang kein Begutachtungsentwurf vor. Im Gegensatz zum Einkommensbericht nach
§ 11a GlBG, der vorrangig intern verbleibt und der Verschwiegenheit unterliegt, zielt die Richtlinie auf einen deutlich größeren Wirkungsgrad ab: Die Entgeltberichte sollen öffentlich zugänglich gemacht und für Vergleichszwecke herangezogen werden.
Die wichtigsten Inhalte der Richtlinie auf einen Blick:
Anwendungskreis und Fristen
• 250 oder mehr Arbeitnehmer:innen: Berichtspflicht bis Juni 2027 für das vorangehende Kalenderjahr und danach jährlich
• 150 bis 249 Arbeitnehmer:innen: Berichtspflicht bis Juni 2027 für das vorangehende Kalenderjahr und danach alle drei Jahre
• 100 bis 149 Arbeitnehmer:innen: Berichtspflicht bis Juni 2031 für das vorangehende Kalenderjahr und danach alle drei Jahre
Unabhängig von der Berichterstattung bestehen Transparenzpflichten bereits vor der Beschäftigung. Stellenbewerber:innen haben Anspruch auf Informationen zum Einstiegsentgelt oder zur Entgeltspanne sowie zu einschlägigen Kollektivvertragsbestimmungen. Das Einstellungsverfahren ist diskriminierungsfrei zu gestalten. Arbeitnehmer:innen haben ein Recht auf Auskunft über ihre individuelle Entgelthöhe und über die durchschnittliche Entgelthöhe innerhalb ihrer Vergleichsgruppe, aufgegliedert nach Geschlecht. Arbeitgeber:innen müssen jährlich proaktiv über dieses Auskunftsrecht informieren und die notwendigen Schritte erläutern.
Gleichwertige Arbeit
Die Bildung von Vergleichsgruppen erfolgt auf Basis objektiver, geschlechtsneutraler und nachvollziehbarer Kriterien:
• Kompetenzen
• Belastungen
• Verantwortung
• Arbeitsbedingungen
Die Richtlinie hebt hervor, dass soziale Kompetenzen angemessen zu berücksichtigen sind. Entgeltunterschiede sind nur zulässig, wenn sie durch objektive, geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt sind. Individuelle Überzahlungen allein aufgrund besserer Verhandlung werden künftig nicht mehr bestehen. In der Praxis empfiehlt sich ein quantifizierbares Grading- oder Punktesystem zur systematischen Stellenbewertung.
Berichtsinhalte
Der Entgeltbegriff umfasst Grund- und Mindestgehälter sowie ergänzende oder variable Bestandteile als Geld- und Sachleistungen. Zu berichten sind eine Reihe von Kennzahlen zum geschlechtsspezifischen Entgeltgefälle auf Basis des Bruttojahresentgelts und des Bruttostundenentgelts. Die Kennzahlen sind der zuständigen Behörde zu übermitteln und werden veröffentlicht. Davon ausgenommen ist das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle innerhalb von Vergleichsgruppen (bereinigter Gender Pay Gap), welches nicht veröffentlicht wird, sondern die Ausgangsbasis für die gemeinsame Entgeltbewertung bildet.
Gemeinsame Entgeltbewertung
Ergibt sich innerhalb einer Vergleichsgruppe eine Differenz von mindestens 5 Prozent in der durchschnittlichen Entgelthöhe zwischen Frauen und Männern, die nicht durch objektive und geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt werden kann, ist eine gemeinsame Entgeltbewertung mit der Arbeitnehmer:innenvertretung durchzuführen. Diese Bewertung ist nicht durchzuführen, wenn der ungerechtfertigte Unterschied innerhalb von sechs Monaten korrigiert wird. Die Ergebnisse der gemeinsamen Entgeltbewertung sind den Arbeitnehmer:innen und ihrer Vertretung zur Verfügung zu stellen sowie der Überwachungsstelle mitzuteilen.
Erste Schritte für Unternehmen
Für die Umsetzung lohnt sich eine frühzeitige Auseinandersetzung, idealerweise mit zwei Schwerpunkten:
• Datenbasis harmonisieren: Gehaltsdaten inklusive variabler Bestandteile und Sachbezüge, Arbeitszeitaufzeichnungen, demografische Angaben sowie bestehendes Grading zusammenführen und darauf aufbauend den Gender Pay Gap auf Jahres- und Stundenbasis berechnen.
• Vergütungsprozesse dokumentieren: Kriterien der Gehaltsfestlegung klar definieren, die vier objektiven, geschlechtsneutralen Bewertungskriterien konsequent anwenden, Einstellungsverfahren diskriminierungsfrei gestalten, Vergleichsgruppen sauber bilden, Ausreißer erkennen und nachvollziehbar korrigieren.
Synergien mit CSRD/ESRS können genutzt werden, da dort – sofern wesentlich – ebenfalls der Gender Pay Gap zu berichten ist und die Daten weitgehend deckungsgleich sind. Wer Stellenbewertungen frühzeitig vereinheitlicht, Vergleichsgruppen klar festlegt und Entgeltentscheidungen nachvollziehbar dokumentiert, reduziert rechtliche und organisatorische Risiken und stärkt zugleich die Entgeltgerechtigkeit im Unternehmen.
Autorinnen:
- Mag. DI Katharina Schönauer ist Partnerin und Head of ESG bei KPMG.
- Anna Lamprecht-Jäger, MA ist Assistant Managerin im Bereich Sustainability Services bei KPMG.
- Chantal Wirth, LL.M. ist Associate im Bereich Sustainability Services bei KPMG

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