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Übernahme von Verwaltungsstrafen durch die Gesellschaft – Interview mit Josef Peer, fwp

Josef Peer ist Rechtsanwalt und Partner bei fwp. Wir sprechen darüber, welche verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung Geschäftsführer und Vorstände in Österreich tragen und wie Unternehmen ihre Organe rechtlich absichern können.

BC: Sehr geehrter Herr Peer, Ihr Vortragsthema „Übernahme von Verwaltungsstrafen durch die Gesellschaft“ wirft immer wieder Fragen auf. In welchen Konstellationen begegnet Ihnen dieses Thema in Ihrer anwaltlichen Praxis besonders häufig?

Josef Peer: Aktuell begegnet mir dieses Thema insbesondere bei Bau-, aber auch Infrastrukturprojekten im Zusammenhang mit Fragen des Naturschutzes sehr häufig. Hier sind oftmals hohe Geldstrafen vorgesehen und teilweise das Problembewusstsein bzw. die Sensibilität noch nicht überall gegeben. Darüber hinaus kommt hinzu, dass insbesondere das Naturschutzrecht in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus auch von Nachbarn gerückt ist. Allgemein ist das Thema der Verwaltungsstrafen aber eines, das zunehmend immer mehr an Bedeutung gewinnt und von den „klassischen“ StVO-Vergehen mit geringen Strafhöhen auch immer mehr komplexere Materien wie eben das Naturschutzrecht oder Baurecht erreicht und dort zunehmend an Bedeutung gewinnt.

BC: Wie ist die verwaltungsstrafrechtliche Haftung der Leitungsorgane im österreichischen Recht ausgestaltet und was bedeutet das speziell für Geschäftsführer oder Vorstände?

Peer: Die zentrale Bestimmung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung im Unternehmenskontext ist § 9 Verwaltungsstrafgesetz. Prinzipiell sind die nach außen zur Vertretung befugten Organe einer Gesellschaft verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Es haften daher die Geschäftsführer bzw Vorstände einer Gesellschaft. Die Gesellschaft kann jedoch auch verantwortliche Beauftragte berufen und so die Verantwortlichkeit und Haftung faktisch kanalisieren.

BC: Unter welchen Voraussetzungen kann die Gesellschaft die Verfahrenskosten oder Verwaltungsstrafen ihrer Organe übernehmen?

Peer: Eine pauschale und generelle vertragliche Vereinbarung im Vorhinein zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer bzw. Vorständen, allfällige Verwaltungsstrafen für diese zu übernehmen, kann nicht rechtswirksam vereinbart werden. Das zuständige Organ der Gesellschaft muss daher über die Übernahme der Strafe nach der Begehung der Tat entscheiden, wenn diese im Unternehmensinteresse gelegen ist. Es muss daher im Einzelfall eine sachliche Rechtfertigung vorliegen, wobei insbesondere die Frage, was im Unternehmensinteresse gelegen ist, eine komplexe Abwägungsfrage darstellt. Ratsam ist jedenfalls, eine Befassungspflicht des zuständigen Organs im Vorhinein vertraglich zu vereinbaren.

BC: Wann ist die Gesellschaft berechtigt oder im Interesse der Stakeholder sogar verpflichtet, im Nachgang Regress gegen Leitungsorgane zu nehmen?

Peer: Die Behörde kann sich im Verwaltungsstrafverfahren in der Praxis aussuchen, ob sie die Tilgung der Verwaltungsstrafe von der Gesellschaft oder der genannten Personengruppe begehrt, da die Gesellschaft nach dem Verwaltungsstrafgesetz solidarisch haftet. Die Gesellschaft ist unter anderem dann zum Regress berechtigt, wenn die Leitungsorgane nicht im überwiegenden Interesse der Gesellschaft gehandelt haben und eine Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft vorliegt.

Oftmals fehlt etwas das Bewusstsein

BC: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten präventiven Maßnahmen, die Unternehmen ergreifen sollten, um sich und ihre Organe rechtlich abzusichern? Gibt es dafür Best-Practice-Modelle?

Peer: Grundsätzlich ist die beste Prävention, Verwaltungsübertretungen zu vermeiden und Mitarbeiter bestmöglich zu schulen bzw. zu sensibilisieren. Oftmals fehlt etwas das Bewusstsein, welchen Aufwand auch scheinbar kleine Verwaltungsstrafen im Unternehmen auslösen können.

Davon abgesehen können durch Best-Practice-Modelle aber zumindest die Folgen von Verwaltungsübertretungen abgesichert werden. Dazu zählt für mich jedenfalls die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten und die Bedachtnahme, diese Verantwortlichkeit möglichst klar und präzise zu definieren und abzugrenzen.

BC: Abschließend: Sie haben im Rahmen des „Legal Management Exekutive Circle“ schon einmal bei uns vorgetragen, möchten Sie Ihren Eindruck von dieser Konferenz mit uns teilen?

Peer: Der Legal Management Exekutive Circle war eine sehr gelungene Veranstaltung, da die Teilnehmer und Unternehmen sehr interdisziplinär waren und so auch ein sehr spannender und fruchtbarer Austausch entstanden ist.

Auch die Kombination aus Konferenz und Abendveranstaltung sowie auch nicht rein fachjuristischen Beiträgen machte die Konferenz aus meiner Sicht sehr spannend und gelungen.

BC: Sehr geehrter Herr Peer, wir danken Ihnen für dieses informative und praxisnahe Gespräch und freuen uns, auf der RuSt noch mehr zu hören!

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