TOPICS

EVENTS

PEp - Personalentwicklung pur

Automatisiert. Adaptiv. Zukunftsfähig. Wie Unternehmen Kompetenzen neu gestalten. Thomas Faust, Lufthansa im Gespräch

Thomas Faust leitet das Fachgebiet Workforce Transformation bei der Lufthansa. Wir sprechen darüber, wie er für das Unternehmen die Wettbewerbsfähigkeit von morgen sichert, indem er auf Neugierde, Lernbereitschaft und interdisziplinäres Denken setzt.

Business Circle: Sehr geehrter Herr Faust, was bedeutet „Workforce Transformation“ für Sie – und warum ist sie für Lufthansa zentral?

Thomas Faust: Workforce Transformation bedeutet für uns, die Belegschaft vorausschauend und strategisch auf die Herausforderungen einer sich wandelnden Branche vorzubereiten. In einem volatilen Umfeld wie der Luftfahrt ist es entscheidend, frühzeitig Risiken zu erkennen – etwa im Hinblick auf Kapazitäten, Kompetenzen oder demografische Entwicklungen – und gezielt gegenzusteuern. Unser Ziel ist es, nachhaltige Beschäftigungsfähigkeit zu sichern und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Lufthansa Group langfristig zu stärken. Dabei wird es wichtig sein, die richtige Balance zwischen Agilität und Beständigkeit zu finden, um langfristig wettbewerbsfähig zu sein.

BC:  Welche Kompetenzen brauchen Unternehmen in den nächsten fünf bis zehn Jahren wirklich, um wettbewerbsfähig zu bleiben?

Faust: Neben digitalen Grundkompetenzen wie Data Analytics und Prozessmanagement werden kreative Fähigkeiten im Umgang mit KI – insbesondere im Entwickeln und Anwenden von KI-gestützten Lösungen – immer wichtiger. Ich sehe hier einen fundamentalen Wechsel im Arbeitsalltag vieler Menschen. Gerade die KI-Agents werden uns die Möglichkeiten eröffnen, neue Anwendungen zu erschaffen. Und ohne die Schlagworte Innovation und Agilität kommt man kaum aus. Sie haben aber ihre volle Berechtigung.

Bei der Lufthansa sehen wir, dass Kompetenzen rund um Nachhaltigkeit, Change Management, Kooperation, API-Management und strategische Planung an Bedeutung gewinnen. Entscheidend ist dabei nicht nur das „Was“, sondern auch das „Wie“: Neugier, Lernbereitschaft und interdisziplinäre Zusammenarbeit sind zentrale Erfolgsfaktoren.

BC: Was sind aus Ihrer Sicht die entscheidenden Stellschrauben in der strategischen Kompetenzentwicklung?

Faust: "Future-proof“ zu sein bedeutet für mich, dass Unternehmen in der Lage sind, nicht nur auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren, sondern diese aktiv mitzugestalten. Entscheidend ist die kontinuierliche Anpassung der Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten an sich verändernde Anforderungen. Dazu gehören sowohl die Entwicklung von technischen Fähigkeiten als auch die Förderung von Führungskompetenzen, die ein Unternehmen durch Krisen und Veränderungen steuern können. Darüber hinaus spielt die Implementierung von kontinuierlichem Feedback und ein stärker personalisierter Ansatz in der Kompetenzentwicklung eine immer wichtigere Rolle.

Eine adaptierbare Skill- und Jobarchitektur bildet die Grundlage. Doch erst durch passende Tools, klare Governance und eine Unternehmenskultur, die lebenslanges Lernen fördert, entfaltet Kompetenzentwicklung ihre volle Wirkung. Es braucht ein Mindset, das Veränderung nicht nur zulässt, sondern aktiv gestaltet – auf allen Ebenen des Unternehmens.

BC: Wie kann KI klassische PE-Prozesse sinnvoll ergänzen? Und muss man sich als PE-Manager Sorgen machen, ersetzt zu werden?

Faust: KI wird Personalentwicklung nicht ersetzen, aber sie kann sie deutlich effizienter und zielgerichteter machen. Ich sehe hier vor allem Prozesse wie eine präzise Identifikation von Talenten und Entwicklungsbedarfen, die Analyse von Skill-Gaps und das Erstellen von maßgeschneiderten Lern- und Entwicklungsplänen, die auf datenbasierten Erkenntnissen beruhen. Gleichzeitig ermöglicht KI eine proaktive Planung von Karrieremöglichkeiten, die auf den Stärken der Mitarbeiter aufbauen.  Was sie jedoch nicht leisten kann, ist der Aufbau von Vertrauen, Empathie und sozialem Kapital – zentrale Elemente erfolgreicher Personalentwicklung. Deshalb bleibt der Mensch auch und gerade in der Personalentwicklung  im Zentrum.

BC: Haben klassische rollenbasierte Jobbeschreibungen ausgedient? Und welche Rolle spielen Meta-Kompetenzen?

Faust: Solange Vergütungssysteme an Tätigkeiten gekoppelt sind, werden Jobbeschreibungen relevant bleiben. In agilen, projektorientierten Strukturen braucht es jedoch mehr Flexibilität. Es gibt den Trend, die Kompetenzen und Potenziale der Mitarbeitenden flexibler zu gestalten und auf neue Herausforderungen schnell zu reagieren. Meta-Kompetenzen wie Kooperations-, Entscheidungs- und Systemkompetenz sind in diesem Kontext von zentraler Bedeutung. Sie fördern die Fähigkeit, in komplexen, interdisziplinären und oft virtuellen Teams zu arbeiten. Diese Fähigkeiten sind der Schlüssel, um die Vielfalt von Aufgaben und Anforderungen zu meistern. Zumal man nicht vergessen darf, dass sich diese immer schneller ändern. Eine zentrale Herausforderung liegt darin, diese Kompetenzen valide zu erfassen und gezielt zu fördern.

Kultur nicht „bewahren“, sondern weiterentwickeln

BC: Wie balanciert man das Bewahren einer starken Unternehmenskultur mit den Herausforderungen durch technologische Innovation?

Faust: Die entscheidende Frage ist nicht, wie wir Kultur bewahren, sondern wie wir sie weiterentwickeln, um mit dem Wandel Schritt zu halten. Technologie verändert nicht nur Prozesse, sondern auch Zusammenarbeit und Führung. Deshalb wird Leadership zum zentralen Hebel: Führungskräfte müssen Orientierung geben, Offenheit fördern und Wandel aktiv begleiten. Drüber hinaus kann vielleicht auch muss Technologie als Mittel zur Unterstützung der Kultur und nicht als Ersatz für zwischenmenschliche Interaktion und Werte verstanden werden.

BC: Worauf freuen Sie sich bei Ihrem Auftritt in Österreich am meisten?

Faust: Am meisten freue ich mich auf den persönlichen Austausch – besonders dann, wenn neue Perspektiven auf bekannte Herausforderungen entstehen. Solche Begegnungen sind oft der Ausgangspunkt für neue Ideen und Kooperationen. Es ist für mich eine großartige Gelegenheit, zu erfahren, wie andere Organisationen mit ähnlichen Fragen umgehen und welche Best Practices in verschiedenen Branchen zur Anwendung kommen. Der Dialog und die Zusammenarbeit sind entscheidend, um die Zukunft der Arbeit gemeinsam zu gestalten.

BC: Sehr geehrter Herr Faust, Danke für dieses spannende Gespräch. Wir freuen uns, Sie bald persönlich begrüßen zu dürfen!

Text Link
Leadership & HR