Chancen ergreifen, Träume verwirklichen – und den Wirtschaftsstandort stärken. Das Lehrlingsforum 2025
Markus Hengstschläger: Warum Talent und Bildung zusammengehören
Um die Zukunft gestalten zu können braucht es kollektive Lösungsbegabung. In der Berufswelt von morgen werden Maschinen alles übernehmen, was sie besser können. Dadurch entsteht Raum für die größte Stärke des Menschen: seine von Empathie getragene Fähigkeit, Lösungen zu finden.
Markus Hengstschläger, Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik der MedUni Wien, begeisterte das Publikum. Lässt sich die Zukunft heute besser voraussagen als vor 30 Jahren? Wer weiß, denn 1995 konnte kaum jemand erahnen, was das Internet auslösen würde.
Lösungskompetenz ist zwar genetisch mitbestimmt, aber die Entwicklung liegt maßgeblich in unserer eigenen Hand.
Lösungsbegabung heißt – die Fähigkeit, Wissen auf neue Situationen anzuwenden und über den Tellerrand hinauszudenken. Sie unterscheidet den Menschen von allen anderen Lebewesen und lässt sich trainieren wie eine Sporttechnik oder eine Software.
Hengstschläger plädierte dafür, jungen Menschen mehr Raum zum eigenständigen Tun zu geben. Lehrlinge bringen unvoreingenommene Perspektiven mit und verfügen über das, was er „ungerichtete Kompetenzen“ nennt: Nachdenken, Recherchieren, Wissen neu kombinieren, kritisches Denken, Kreativität, Entscheidungsfreude, Mut, Fleiß und Resilienz.
Podiumsdiskussion „Das System Lehre neu aufstellen“
Schule, Wirtschaft, Politik und die österreichische Bundesschulsprecherin waren vertreten und diskutierten über notwendige strukturelle Veränderungen. Im Mittelpunkt standen Zuständigkeiten, strategische Hebel und die Frage, wie Lehre in Österreich nachhaltig gestärkt werden kann.
Einige Aussagen aus der Diskussion:
• Die Lehre darf nicht hinter der AHS zurückstehen; sie ist kein „Plan B“, sondern eine gleichwertige Ausbildungsschiene.
• Lehre mit Matura bietet enorme Chancen, ist jedoch zu wenig.
• Das Bewusstsein muss auch in den Familien ankommen: Nicht jeder muss Universitätsprofessor werden.
• Förderung sollte sich an Stärken orientieren: Wer nicht gerne auswendig lernt, aber handwerklich begabt ist, sollte darin unterstützt werden.
• Erfolgreiche Betriebe setzen auf Lehrlinge als Botschafter im Recruiting
• Die Stimmen von Lehrlingen sollten auch in der Politik stärker gehört – sie kennen die Realität der Ausbildung am besten.
Das dreifache Dialogforum: Bildung im Wandel / Sicht der Betriebe / Schule & Praxis
Bildung im Wandel: Schule als Partnerin der Lehre stärken
Im ersten Round Table zeigte Schulleiter und Autor Christian Klar, wie wichtig realistische Orientierung für junge Menschen ist. Kinder bringen unterschiedliche Voraussetzungen mit, und nicht jeder hat alle Möglichkeiten offen – so wie nicht jeder Fußballprofi oder Pilot wird. Wenn der Zugang zu höheren Schulen zu leicht ist, geraten Jugendliche in Laufbahnen, in denen sie überfordert sind. Gesprächskultur und Sesselkreise greifen zu kurz; Leistung und Konsequenzen gehören ebenso dazu wie Räume für individuelle Entfaltung. Entscheidend ist, dass Kinder an den Weg glauben, den sie gehen können. Gleichmacherei fördert jedoch häufig die „Mit einem Dreier kommt man durch“-Mentalität. Schule muss Orientierung geben, welche bestimmte realistisch sind. Gleichzeitig bleibt eines sicher: Keine KI wird dem Installateur jemals die Arbeit abnehmen.
Sicht der Betriebe: Wo hakt die Zusammenarbeit heute?
Im zweiten Round Table gab Werner Kartner einige Best Practices von F/LIST mit, die für ihre Lehrlingsausbildung mehrfach ausgezeichnet wurden. Die größten Herausforderungen liegen darin, gute Lehrlinge zu finden und zu motivieren, die gesamte Lehrzeit durchzuhalten. Ein Buddy-System erleichtert das Onboarding, während Belohnungen für überdurchschnittliche Leistungen zwar weniger beim Recruiting helfen, aber die Bindung erhöhen. Ausbilderinnen und Ausbilder müssen sowohl handwerkliche als auch pädagogische Kompetenzen mitbringen. Kartner betonte außerdem die Rolle der Eltern und wie wichtig es ist, deren Perspektive richtig einzuordnen. Nebenbei entstand aus dem Gespräch gleich ein neues Kooperationsprojekt – ein praktisches Beispiel dafür, wie schnell im offenen Dialog gemeinsame Lösungen entstehen.
Schule & Praxis: Wie gelingt echte Zusammenarbeit?
Im dritten Round Table warf Bundesschulsprecherin Hannah Scheidl den Blick auf die strukturellen Hemmnisse und Chancen zwischen Schule und Betrieben. Echte Zusammenarbeit entsteht, wenn beide Seiten regelmäßig Feedback geben: Welche Fähigkeiten brauchen Unternehmen? Was kann Schule liefern? Lehrlinge und Schüler sollten aktiv einbezogen werden, denn sie wissen am besten, welche Ziele sie erreichen wollen. Betriebskontakte machen sichtbar, wofür gelernt wird – ein starkes Motivationsinstrument. Gleichzeitig stehen Schulen oft unter Druck von Vorschriften, Föderalismus und Kompetenzgerangel, was flexible Lösungen erschwert. KI kommt, doch selbst moderne Technik ersetzt nicht die Fähigkeit zur Plausibilitätsprüfung: Jedes Handy kann heute als Taschenrechner fungieren, aber die User brauchen dennoch ein Gefühl für Größenordnungen – sonst liegt man schnell um eine Zehnerpotenz daneben.
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„MrWissen2go“ Mirko Drotschmann zur Nachhilfe auf der Couch: Warum Bildung bei YouTube boomt
YouTube und Instagramm sind längst zu festen Bestandteilen moderner Lernwelten geworden. Anhand aktueller Umfragedaten und Beispielen aus seinem eigenen Kanal machte er deutlich, wie sich das Nutzungsverhalten junger Menschen verändert und welche Videoformate für Bildung spielen.
Ein zentrales Motiv ist die unmittelbare Zugänglichkeit: Wenn Jugendliche etwas wissen wollen, greifen sie reflexartig zum Smartphone. Auf YouTube wählen sie nicht nur das Thema, sondern auch die Person, die es ihnen erklärt. Diese Freiheit hat ein traditionelles Klassenzimmer nicht. Dort kann man den Lehrer nicht „wegklicken“, wenn man etwas nicht versteht.
Drotschmann gab Einblicke in seine Arbeit als Creator: Es ist weit mehr, als Inhalte aufzubereiten. Ein großer Teil ihrer Arbeit besteht aus Organisation, Recherche, Drehplanung, Schnitt, Community-Management und Administration. Gleichzeitig verändert sich durch digitale Plattformen die Rollenverteilung zwischen Senden und Empfangen grundlegend: In der Schule bewerten Lehrer die Schüler, im Netz bewerten die Nutzer die Creator. Das führt zu einer Demokratisierung des Medienwesens – allerdings mit einem wichtigen Haken: Wer sich gut verkaufen kann, kommt häufig besser an als jemand, der besonders gründlich recherchiert.
Zum Abschluss gab Drotschmann eine klare Anregung für die pädagogische Praxis: Lehrkräfte sollten die Videos, die Schüler ohnehin konsumieren, aktiv in den Unterricht einbinden und sie gemeinsam analysieren. Lehrbetriebe profitieren zusätzlich davon, wenn Lehrlinge eigene Lernvideos produzieren – denn wer etwas erklären soll, versteht es am Ende selbst am besten.
Danach gab es einen entspannten und lustigen Abend mit Netzwerk-Dinner und der Begleitung von „Event-Casino“
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Abschlussgespräch: Was bleibt, wenn der Tag vorbei ist – und warum es zählt, was wir tun
Im Abschlussgespräch mit Karin Bauer sprachen Herwig Fritzl und Helmut Haslinger darüber, was Ausbildung bedeutsam macht. Entscheidend sind die „Magic Moments“ – Situationen, in denen spürbar wird, dass Lehrlinge nicht nur fähig und motiviert sind, sondern sich persönlich weiterentwickeln. Besonders erfüllend ist es für Ausbildner, wenn sichtbar wird, dass der sprichwörtliche Knopf aufgeht und der Betrieb einen echten Einfluss auf den Lebensweg eines jungen Menschen hat. Gutes Feedback von Eltern verstärkt diese Erfahrung zusätzlich.
Einige Statements vom Podium und vom Publikum
• Geld spielt eine Rolle, ist aber vor allem ein Hygienefaktor – entscheidend sind positive Erlebnisse und echte Bindung.
• Lehrlinge gehen auf, wenn sie ernst genommen werden und aktiv mitgestalten können.
• Lehrlinge sind keine „Werkstücke“, sondern Persönlichkeiten mit Potenzial.
• In jeder Organisation gibt es Top-Performer, eine breite Mitte und Underperformer – das gilt im Vorstand ebenso wie an der Werkbank.
• Die Ausbildung braucht eine positive Kommunikation, die Leistungen hervorhebt.
• Der „Würfel“ fällt nicht für die Lehrberufe – er fliegt: Die Lehre ist in Bewegung und eröffnet Chancen.
• Die Ausbildungsleitung trägt Verantwortung, aber auch Kolleginnen, Gesellen und Teams brauchen die richtigen Tools, um Lehrlinge gut begleiten zu können.
Zum Abschluss:
Zum Abschluss betonte Kathrin Machherndl, dass es in der Ausbildung nicht immer um „Best Practices“ geht, sondern um „Good Practices“ – also um Lösungen, die für den eigenen Betrieb wirklich funktionieren. Sie ermutigte alle, in ihre Unternehmen zu gehen, etwas konkret umzusetzen und offen darüber zu sprechen. Wer etwas ausprobiert hat und darüber berichten möchte, solle sich jederzeit melden. Sie dankte für die Unterstützung und die engagierte Mitarbeit. Vieles, was an diesen Tagen entstanden ist, ist durch echte Schwarmintelligenz möglich geworden.

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