Lehrlingsausbildung: Joachim Ortner über innovative Ideen & Lösungen, Best Practice Anwendungen, Failures und Next Steps
Business Circle: Sehr geehrter Herr Ortner, eingangs etwas Persönliches: Sie haben VORTURA Solutions gegründet. Warum waren Sie damals überzeugt davon, dass es genau so ein Unternehmen wie VORTURA braucht und was waren die wichtigsten Milestones bis heute?
Joachim Ortner: Vor fünf Jahren befand sich der Fachkräfte- und Lehrlingsmangel im DACH-Raum auf einem Höhepunkt – ein klar erkanntes Problem.
Durch den Background meiner Mitgründer und mir – einer Kombination aus HR-Expertise und datengetriebenen Performance-Marketing-Know-how – ergab sich ein möglicher Lösungsweg, den wir mit VORTURA konkret umsetzen. Die vergangenen Jahre haben gezeigt: Dieser Ansatz funktioniert. Wir konnten in den letzten Jahren viele Unternehmen unterstützen, ihre Recruitingprozesse messbar effizienter zu gestalten und nachhaltiger zu besetzen.
BC: Wie definiert VORTURA „Lehrling“ / „Auszubildender“ in Ihrem Unternehmenskontext – und wie unterscheidet sich ein Lehrling bei Ihnen von einem „normalen“ Mitarbeiter bei Anforderungen, Betreuung etc.?
Ortner: Bei VORTURA setzen wir von Beginn an auf eine steile Lernkurve und aktiven Know-how-Aufbau.
Das gelingt am besten durchs Tun – unsere Lehrlinge dürfen also gleich zu Beginn richtig mitanpacken.
Natürlich ist die persönliche Reife oft noch nicht vollständig ausgeprägt. Deshalb legen wir besonderen Wert auf gute, menschliche Führung, klare Grenzen und strukturierte Abläufe, die fordern und gleichzeitig fördern.
Prozesse mit KI optimieren
BC: Sie arbeiten mit KI-gestützter Prozessoptimierung. Haben Sie bereits Ideen oder Pilotprojekte, wie KI in der Lehrlingsausbildung eingesetzt werden kann (z. B. Lernassistenz, Feedbacksysteme, individualisierte Lernpläne)?
Ortner: Der Bereich der künstlichen Intelligenz befindet sich in einem ständigen Wandel – kaum eine Woche vergeht, ohne dass neue Tools oder Use Cases auftauchen. Unsere Erfahrung zeigt jedoch: Für viele Unternehmen ist nicht mehr die Information, sondern die Selektion der entscheidende Erfolgsfaktor – also die Frage: Was bringt unserem Unternehmen wirklich Effizienz und spart Zeit?
Viele Lösungen entpuppen sich als Insellösungen. Daher gehen wir sehr selektiv und praxisorientiert vor.
Bewährt haben sich insbesondere:
- Chatbots bzw. Tutor-Avatare für 24/7-Kommunikation auf Basis firmeninterner Wissensdatenbanken
- KI-gestützte Kompetenzprofile zur Erstellung individueller Lernpfade für Lehrlinge
- Diese Ansätze liefern echten Mehrwert und integrieren sich nahtlos in bestehende Ausbildungsprozesse.
BC: Wenn ein Unternehmen durch Prozessoptimierungsmaßnahmen die Lehrlingsakquise verbessern will, was sind die Schlüssel zum Erfolg?
Ortner: Wir gehen so vor:
- Ist-Prozess visualisieren
 → Den gesamten Bewerbungsprozess von A bis Z skizzieren.
- Pain Points identifizieren
 → Wo entstehen Wartezeiten, Medienbrüche oder unklare Zuständigkeiten?
- Quick Wins umsetzen
 → Automatische Eingangsbestätigung, Social-Recruiting-Formulare, einheitliche Kommunikation über alle Kanäle (Social Media, Website, Messen etc.).
-  Langfristige Strukturänderungen etablieren
 → Digitalisierung des gesamten Prozesses, Einführung von ATS-Systemen, klare Verantwortlichkeiten zwischen HR, Marketing und Geschäftsführung, gelebte Feedbackkultur (auch von Bewerber:innen).
- Erfolge messbar machen
 → KPIs sichtbar halten, Maßnahmen regelmäßig A/B-testen und Ergebnisse laufend nachbesprechen.
BC: Welche Kennzahlen (KPIs) nutzen Sie bei der Lehrlingsakquise, um Erfolg zu messen - Was verwenden Sie als Benchmarks oder Vergleichswerte?
Ortner: Hier unterscheiden wir bei VORTURA in verschiedenen Phasen - Top of Funnel, Middle of Funnel, Bottom of Funnel.
Betrachten wir den ersten Bereich (Top of Funnel) so sind zum Beispiel im digitalen Bereich folgende KPIs wesentlich:
- TSR (Thumb-Stop-Rate) – Wie viele Nutzer:innen bleiben bei unseren Inhalten stehen?
- CTR (Click-Through-Rate) – Wie viele klicken auf den nächsten Schritt?
- CPC (Cost per Click) – Wie teuer ist die Aufmerksamkeit im Schnitt?
Auf der Karriereseite messen wir:
- Verweildauer
- Heatmaps (Interaktionsverhalten)
- Wöchentliche Aufrufe
und testen wöchentlich verschiedene Content-Formate und Bewerbungsstrecken. So können wir datengetrieben optimieren, welche Inhalte und Kanäle am besten performen.
BC: Wenn Sie in die Zukunft blicken, welche Fähigkeiten und Kompetenzen werden Ihrer Meinung nach für Lehrlinge in den nächsten fünf bis zehn Jahren am wichtigsten sein?
Ortner: Selbstorganisation (Eigenständig lernen, Zeit und Prioritäten managen), Umgang mit Künstlicher Intelligenz, Problemlösekompetenz & kritisches Denken und soziale und kommunikative Fähigkeiten
BC: Abschließend, aus Ihrer Sicht als Dienstleister: Wenn Sie einen Wunsch an Politik und / oder Regulatorik hätten, wie könnte die Lehrlingsausbildung erleichtert oder besser gefördert werden?
Ortner: Die Lehre muss noch weiter an Hochglanz gewinnen. Zu lange stand das Licht der klassischen Lehre unter dem Scheffel des Studiums. Die damit verbundenen Chancen und Karrieremöglichkeiten sollten zielgerichteter in Richtung der Elternschaft (die als wesentliche Entscheidungskraft fungiert) kommuniziert werden. Darüber hinaus sollten Unternehmen, die Lehrlinge ausbilden und den Arbeitsmarkt somit qualitativ stärken, noch mehr davon profitieren. Ausbildung sollte sich lohnen. Für Lehrlinge und Unternehmen.
BC: Sehr geehrter Herr Ortner, wir danken Ihnen für den offenen Blick hinter die Kulissen von VORTURA – und dafür, dass Sie gezeigt haben, wie viel Zukunft in der Lehre steckt. Wir freuen uns, beim Lehrlingsforum noch mehr zu erfahren!

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